Ein bisschen Hip-Hop wie früher gefällig? Wer sich nach klassischen Duos der Zunft sehnt, nach Wortakrobaten und Soundtüftlern wie Guru und DJ Premier oder Pete Rock und CL Smooth, der sollte ein Ohr bei Mile & Flip riskieren. Das österreichische Gespann serviert auf seinem Debüt „No Hard Feelings“ einen dieser Tage erfrischend handgemachten Zugriff auf Beats und Rhymes. „Es soll wie aus einem Guss klingen“, gab Flip die Marschrichtung vor.
Neue Namen sind die beiden in der Szene dabei keineswegs: Rapper Mile heißt eigentlich Michael Lechner und hat neben einigen Soloprojekten zuletzt als Teil der Indie-Gruppe Sharktank für Aufsehen gesorgt. Und Flip alias Philipp Kroll gehört mit seiner Hauptband Texta ohnehin seit Jahrzehnten zum fixen Hip-Hop-Inventar des Landes. Zusammengefunden haben sie letztlich, weil Mile auf der Suche nach einem Produzenten für ein paar Songs war. „Und auf seinem Instagram hat Flip ein paar Sachen raufgeladen, so Schnipsel. Da dachte ich mir: What the fuck, das ist extrem gut!“ Also hat er seinen Kollegen kurzerhand angeschrieben.
Beeindruckende Bandbreite
In der Folge wurde das, was vor gut zehn Jahren bei einem Texta-Konzert durch einen Supportslot von Mile seinen Ursprung nahm, konkreter. Ideen wurden hin und her geschickt, Sounds ausgetauscht und schließlich gemeinsam Zeit im Studio verbracht. „Ich bin da relativ unkompliziert“, lachte Flip im APA-Interview. „Ich habe eh gewusst, dass er coole Sachen macht und wie er klingt. Also warum nicht?“ Mile wiederum war von der Bandbreite Flips begeistert. „Am meisten hat mich abgeholt, dass er so viel selber eingespielt hat. Das habe ich nämlich gar nicht gewusst. Ich dachte immer, das ist einfach extrem gut gesampelt. Als ich im Studio dann die Instrumente gesehen hab, war aber schnell klar, warum sich das so gut anfühlt.“
Die richtige Mischung mache letztlich den Reiz aus, wie Flip zu verstehen gab. „Ich kann es nicht verallgemeinern“, meinte er auf seinen Produktionsansatz angesprochen. Mal stünden die Instrumente mehr im Vordergrund, dann eher die Sampletechnik. „Meistens gehe ich von einer Stimmung aus. Und wenn ich eine Nummer höre, die ich samplen möchte, denke ich darüber nach, ob es noch etwas braucht oder ich einfach daran herumschneide. Ich schaue jedenfalls, dass ich nie dieselbe Herangehensweise habe. Das ist generell beim Musikmachen ganz wichtig, sonst wird es mir irgendwann fad.“
Offen in die Beats
Dementsprechend konnte Miles seine Verse über entspannte Marimbasounds („Maybe Someday“) ebenso legen, wie an anderer Stelle die große Jazz- und Funkkiste geöffnet wurde („The People“). Der Rapper zeigt sich auf den zwölf Stücken vielfach von einer sehr persönlichen Seite, rappt über den Alltag als Jungvater („Eyerings“) oder darüber, als Person of Color in der Steiermark aufzuwachsen („Trouble On My Mind“). „Ich wollte schon sehr viel von mir zeigen“, sagte er zur inhaltlichen Ausrichtung der Songs. „Das ist einfach passiert. Es ist ja auch in einer Zeit entstanden, in der ich viel auch Zuhause war. Lockdown.“ Im Endeffekt kämen die Zeilen von alleine. „Du musst das gar nicht so triggern“, nickte Mile. „Das bringen dann die Beats aus dir raus.“
Ursprünglich sei gar nicht unbedingt ein Album im Fokus gestanden, doch lief die Zusammenarbeit so produktiv, dass Song über Song fertig wurde. „Heutzutage steht bei jungen Artists das Album ja ganz weit hinten, wenn es darum geht, was man machen will“, grinste Flip. „Aber wir sind noch die, die aus der Ära der Alben kommen.“ Auch über den Klang vieler zeitgenössischer Rapproduktionen kann der Musiker oft nur den Kopf schütteln. „Man hat das Gefühl, alle haben dieselben Sample-Banks und alle stellen Autotune exakt gleich ein. Da ist unser Ansatz natürlich sehr retro. Aber für die Hip-Hop-Kultur ist es schon wichtig, dass man sich wieder bewusst wird, dass es genau das war, was sie einmal ausgemacht hat.“ One MC and one DJ, wie es gerne heißt. „Mir hat dieser Vibe immer getaugt“, so Flip. „Diese Essentials wollten wir wieder zurückbringen.“ Übung gelungen.
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