Im Wiener Landesgericht ist am Mittwoch der zweite Prozesstag im Fall Leonie angebrochen. Der Erstangeklagte wurde bereits am ersten Tag des Prozesses befragt. Er bekannte sich teilschuldig. Jener Afghane, der als zweites auf der Anklagebank Platz nehmen muss, sollte laut seinem Verteidiger ein Geständnis ablegen - das ist jedoch nicht der Fall. Leonies „Freund“ - der Drittangeklagte - bekennt sich teilschuldig, will sie aber weder vergewaltigt, noch unter Drogen gesetzt haben ...
Ein echtes Schuldbekenntnis liefert der Zweitangeklagte im Fall Leonie wohl kaum ab: „Es stimmt nicht, aber ich bekenne mich schuldig“, antwortet der 19-Jährige auf Nachfrage von Anna Marchart. Leonie wäre zwar in seiner Wohnung gewesen und habe auch eine Ecstasy-Tablette genommen, er hätte sie aber auf keinen Fall vergewaltigt. „Ich ging schlafen und als ich aufwachte, lag sie still auf einer Matratze“, sagt er vor Gericht.
Eine Aussage mit lauter Widersprüchen
Sonst habe er an dem Abend nichts mitbekommen. Bei seiner Aussage bei der Polizei sah das noch ganz anders aus. Auch jetzt widerspricht er sich: Erst wusste er nicht, wie alt sie war. Dann sagt er: „Über Instagram hat sie mir geschrieben, dass sie unter 17 Jahre alt ist, aber das geht mich ja nichts an. Sie ist ja nicht meine Freundin.“
Geschichten aus Schock erfunden
Für die permanenten Widersprüche in seiner Polizeivernehmung und Angeklagtenaussage hat er aber eine Erklärung: „Ich hatte große Angst und stand unter Schock!“. „Und aus lauter Schock haben Sie dann eine Geschichte erfunden?“, fragt Richterin Anna Marchart skeptisch nach. An seine früheren Angaben will er sich auch überhaupt nicht mehr erinnern können: „Das, was ich heute sage, stimmt so!“
Will die ganze Zeit geschlafen haben
Die ursprüngliche Version - er wüsste nicht, wie viele Drogen Leonie genommen hatte und der Erstangeklagte habe sie dann vergewaltigt - habe er überhaupt nur erzählt bekommen und dann eben weitererzählt. „Wie soll ich denn irgendetwas wissen? Ich hab ja geschlafen“, sagt er vor Gericht. Außerdem: „Ich habe Leonie nicht vergewaltigt. Wenn sie am Leben wäre, könnte sie das hier bestätigen.“
Eindeutig kein Schuldgeständnis
Auch der beisitzende Richter Wolfgang Etl kann aus den Angaben kein Schuldgeständnis heraushören: „Sie haben sich heute nicht geständig verantwortet. Ihr Verteidiger hat das aber gestern angekündigt, in seinem Eröffnungsplädoyer. Wie kommt es dazu?“ Das sieht der angeklagte 19-Jährige aber anders: „Ich hab doch zugegeben, dass sie bei mir geschlafen hat.“ - „Das ist ja nicht strafbar!“, so der Beisitz. Die Anklage lautet nämlich Vergewaltigung mit Todesfolge und schwerer sexueller Missbrauch Unmündiger - und dazu hat er sich eindeutig nicht schuldig bekannt.
Dass ein Mandant aus dem Ruder läuft, ist ein bekanntes Phänomen.
Anwalt Thomas Nirk über das "Geständnis" des Zweitangeklagten
Verteidigung läuft nicht nach Plan
Schon kurz nachdem die Befragung des Zweitangeklagten begonnen hatte, wurde klar, dass das kein Geständnis wird. Sein Verteidiger Thomas Nirk bittet, mit dem Angeklagten kurz den Saal verlassen zu dürfen: „Dass ein Mandant aus dem Ruder läuft, ist ein bekanntes Phänomen.“ Richterin Anna Marchart erlaubt das nicht. Der 19-Jährige könne ja auch die Aussage verweigern!
Das tut er aber nicht. Auch als sein Anwalt ihn erneut an die belastenden Umstände - DNA-Spuren und Zeugenaussagen - erinnert und fragt, ob er seine Aussage nicht ändern möchte, bleibt er bei seiner Geschichte: „Wir haben nur nebeneinander geschlafen.“
Letzte Beschuldigtenvernehmung gestartet
Verteidiger Thomas Nirk wird nach der Beschuldigtenvernehmung des 19-Jährigen vertreten - aus gesundheitlichen Gründen. Er wird temporär von Anwalt Michael Schnarch verteidigt. Der Drittangeklagte wird vorgeführt. Wie der 23-jährige Afghane am ersten Tag, bekennt auch er sich teilschuldig. Aber nicht jedoch zur Vergewaltigung oder dem Missbrauch ...
20-Jähriger will Leonies Freund gewesen sein
Er will mit Leonie eine Beziehung geführt haben. „Wir kannten uns seit 25 Tagen und haben uns auch bei mir zu Hause getroffen“, sagt er vor Gericht. In jener Nacht will der 20-Jährige einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gehabt haben - und das nicht zum ersten Mal, sie seien ja ein Paar gewesen.
Auch er will eingeschlafen sein
Danach habe einer der zwei weiteren Angeklagten ihm und Leonie ein Glas in die Hand gedrückt. Dass in dem Saft Ecstasy-Tabletten untergemischt waren, habe er nicht gewusst. Dann soll auch er eingeschlafen sein. Als der 20-Jährige aufwachte, sei Leonie schon nur in Unterhose bekleidet auf der Matratze gelegen. „Es ging ihr schlecht. Sie zitterte. Ich habe ihnen gesagt, wir müssen sofort die Rettung rufen. Aber sie meinten, es wird ihr schon besser gehen“, schildert der Drittangeklagte.
Einseitige Beziehung mit Leonie
„Sie hat gesagt, dass sie mich liebt. Dass sie mich mag“, sagt er zur Beziehung mit der 13-Jährigen. Die kann aber keiner der Zeugen bestätigen. Laut Anklage soll sie sich nicht einmal getraut haben, sich alleine mit ihm zu treffen. Freundinnen hätte sie erzählt, sie habe kein Interesse.
Der Drittangeklagte wird am Donnerstag weiter vernommen. Für diesen Tag sind auch die Gutachter geplant. Geladen sind sechs Sachverständige!
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