Einen schönen Donnerstagabend.
Unser Planet ist in einem fürchterlichen Zustand. Er hat Fieber, die Bewohner bekämpfen sich selbst bis aufs Blut, wo einst der Regenwald blühte, haben wir Menschen dem Globus eine Glatze rasiert. Er müffelt, ist krank, verwahrlost und covidverseucht, weil sich das Immunsystem krampfhaft gegen jene Schädlinge wehrt, die Giftfabriken bauen, in toxischen Kisten durch die Gegend fahren und Abertausende Tonnen Wiederkäuer essen, die auf den Weiden die Luft kaputtfurzen. Wäre die Erde ein Mensch und würde er Ihnen spätnachts auf der Ottakringer Straße begegnen, Sie würden schnellen Schrittes die Seite wechseln. Wir dürfen uns also nicht wundern, warum Außerirdische einen großen Bogen um unser Sonnensystem machen. Eine Invasion, um die Ressourcen abzugraben, zahlt sich längst sich mehr aus, wenn, dann sind wir auf unserem Planeten wohl nur noch ein Fall für eine intergalaktische Version von „Nachbar in Not“ oder „Licht ins Dunkel“. Irgendwo nimmt E. T. hoffentlich gerade ein paar Anrufe für uns entgegen. Einigen heimischen ORF-Mitarbeitern wird ja nachgesagt, dass sie außerirdisch schlecht moderieren - hier böte sich die Möglichkeit eines Joint Ventures.
Sollten Aliens dann doch bei uns vorbeischauen, etwa um den Scheck zu übergeben, ist Wien ein idealer Ort für den ersten Kontakt. Wir haben in der Bundeshauptstadt viele schön zubetonierte Flächen ohne störende Natur für eine Luftbrücke, selbst der Todesstern könnte problemlos in der Seestadt Aspern landen. 2015 hat es leider nicht so geklappt, aber vielleicht sind dieses Mal ein paar Fachkräfte dabei - hoffen wir, dass die Außerirdischen so viele Tentakel wie Tintenfische haben, dann können sie in der Pflege aushelfen. Jedenfalls will Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Vertreterin der Erde) verhindern, dass Wien noch mehr zugebaut wird, und begräbt den Lobautunnel. Diese Wortschöpfung habe ich nicht ganz verstanden, weil man dann ja erst recht graben muss, aber sei es drum: Die sechste Donauquerung in dieser Form soll mit allen Mittel verhindert werden. Vielmehr will die Ministerin auf die Öffis setzen. Und da fürchte ich: Die Betroffenen gerade in der Donaustadt sind verloren.
Denn der Zustand der Öffentlichen in Wien hat sich der Gesamtlage der Erde angepasst. Ich fahre täglich, wenn sich mir die Gelegenheit dazu bietet, und ich fürchte, Gewessler setzt auf das falsche Pferd - das ich mir übrigens als U-Bahn-Alternative auch schon überlegt habe. Die Garnituren sind viel zu oft hoffnungslos überfüllt, jeden Tag gibt es schadhafte Züge und Ausfälle, die Intervalle wurden offenbar an das Wienbild von Sebastian Kurz adaptiert, in dem bei vielen Familien in der Früh nur noch die Schulkinder aufstehen. In einer Stadt, die in zwei Jahren 1,5 Milliarden Euro an Mindestsicherung ausbezahlt, findet sich kaum jemand, der eine Straßenbahn lenken will. 80 Ausbildungsplätze für Busse und Bims will einfach niemand. Die Wiener Linien müssen nun Pensionisten ins Berufsleben zurückholen, angeblich werden erste Exhumierungen angedacht. Auch Transporte über das Öffinetz stelle ich mir komplex vor: Der Haushaltsgeräteservice in der Donaustadt wird den reparierten Geschirrspüler dann eben mit dem 88B durch die Gegend kutschieren. Die Wiener Stadträtin Ulli Sima ist über den Lobautunnel-Stopp empört, und sie muss es wissen, sie war jahrelang für die Wiener Linien zuständig. Und ja, ich weiß, in Indien und Ägypten sind die Öffis noch schlimmer, aber Chandigarh und Marsa Matruh sind auch nicht die lebenswertesten Städte der Welt. Öffentliche Verkehrsmittel alleine werden das Problem also nicht lösen.
Laut dem Bundespräsidentschaftskandidaten Heinrich Staudinger wurde die #MeToo-Bewegung gegen sexuelle Belästigung von der CIA entwickelt, um „Bündnisse zwischen den Menschen schwieriger zu machen“. Bitte an die Aliens, wenn sie nach der Scheckübergabe heimwärts fliegen: Nehmt ihn wieder mit.
Ich wünsche einen schönen Feierabend, so Sie einen haben.
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