„Krone“-Kommentar

Wenn Diktatoren abstimmen lassen – eine Verhöhnung

Kolumnen
30.09.2022 10:15

Putins „Volksabstimmung“ in der Ukraine war eine besonders schamlose Verhöhnung der Demokratie und übertraf übliche Inszenierungen dieser Art. Wenn Autokraten abstimmen lassen, dann nur als Fassade vollendeter Tatsachen - und das Ja muss riesig sein, denn es gibt genug Dumme, die solche Resultate für bare Münze nehmen.

Auch Österreich hatte einmal ein solches Referendum erlebt - als eigenes Begräbnis: Am 10. April 1938 ließ Hitler über den Anschluss an das Deutsche Reich abstimmen. Vorher hatte eine nie da gewesene Propagandawalze die Sinne benebelt.

Leider waren viel zu viele Österreicher dem Irrglauben verfallen, der Landsmann würde aus dem Deutschen Reich ein Groß-Österreich machen. Stattdessen machte er aus Österreich eine deutsche Provinz.

Meister von Volksabstimmungen ist auch der ungarische Autokrat Viktor Orbán. In sogenannten Volkskonsultationen bekommt das Volk Suggestivfragen zugeschickt, bei denen die Antwort von vornherein mehrheitlich feststeht. So lautet die nächste Befragung, ob die Sanktionen gegen Russland aufgehoben werden sollen.

Diktatoren gehen in der Regel kein Risiko ein. Der Einzige, der sich - für ihn selbst völlig unerwartet - per Referendum absetzen ließ, war Chiles Pinochet.

Wenn alle Stricke reißen, gilt noch immer das angebliche Stalin-Zitat: „Wichtig ist nicht, wer wählt, wichtig ist, wer zählt.“

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