Mit der Serie „Foren-Knigge“ widmen wir von der Krone-Community uns Kommunikationsphänomenen und Problemen in Online-Foren. Im ersten Teil sprechen wir über „Whataboutismus“. Darunter versteht man ein Kommunikationsmuster, welches oft in Diskussionen verwendet wird, wenn vom eigentlichen Thema abgelenkt werden will. Politiker benutzen dies in ihrer Rhetorik gerne, aber auch in unserer täglichen Kommunikation sowie in Online-Foren kommt uns das Verhalten unter.
Donald Trump ist eigentlich das beste Beispiel für jemanden, der „Whataboutismus“ verwendet. Wenn er etwas gefragt wird, wozu er nicht die Wahrheit sagen möchte, antwortet er mit etwas vom Thema Abweichenden, um abzulenken: „Und was ist mit Hillary Clinton, die zigtausende E-Mails einfach gelöscht hat?“ Damit diskreditiert er seine Gegenposition, er beweist aber auch nicht, dass er recht hat. Ein anderes Beispiel: Wenn darüber geredet wird, dass der Angriff Russlands auf die Ukraine gegen die Menschenrechte verstößt, dann ist die Antwort, dass der Einmarsch der USA im Irak aber auch nie als Verstoß anerkannt wurde, keine konstruktive. Ein Missstand wird quasi mit einem anderen Missstand beantwortet.
Woher stammt der Ausdruck?
Aus den englischen Wörtern „What about‘ (deutsch: Was ist mit?) und „-ism“ (-ismus) ist diese Wortfügung entstanden. Der Begriff ist aber keinesfalls neu. Schon in den 70er-Jahren wurde darüber gesprochen. Während des Kalten Krieges verwendete die Sowjetunion die Strategie als Propagandataktik in Bezug auf den Westen. Aktuell herrscht auch die Sorge, dass Politiker mit Whataboutism die gesellschaftliche Spaltung vorantreiben, weil sie nur vom Thema ablenken und nicht über das eigentliche Problem sprechen.
„Und was ist mit...?“
Whataboutismus mischt sich aber auch in unsere alltäglichen Gespräche. Üblich ist das Ausweichen mit „Und was ist mit...?“. Ein bekanntes Beispiel dazu ist „Und was ist mit hungernden Kindern in Afrika?“ als Antwort auf eine Problemäußerung. Damit löst man weder das eine noch das andere Thema und diskutiert aneinander vorbei. Jedoch kann aber auch ein whataboutistischer Vergleich einer Gegenseite hilfreich für das Gespräch sein - einfach weil es immer gut ist, sich auch in die Lage des Gegenübers zu versetzen.
In hitzigen Debatten einen kühlen Kopf bewahren
Das Tragische an der Sache: Whataboutisten streiten zwar in hitzigen Debatten, sie diskutieren aber in Wahrheit nicht. Sie wollen ihre eigene Meinung nicht hinterfragen und recht behalten. Wer überfliegt nicht oft Kommentare, verärgert darüber, dass Fakten und Meinungen durcheinander schwirren und am Ende nur Menschen zerstritten sind, die sich persönlich vielleicht gar nicht kennen. Anstatt uns also immer auf den Ärger auf unsere Gesprächspartner zu verzetteln, sollten wir uns viel öfter hinterfragen. Diskutiere ich am Thema vorbei? Kann ich meine Aussagen mit Fakten belegen? Und ganz wichtig: Behalte ich bei hitzigen Themen einen kühlen Kopf oder bin ich gerade selbst der aufbrausende Whataboutist?
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