Der diesjährige Nobelpreis für Physik geht an den österreichischen Quantenphysiker Anton Zeilinger (77). Das gab die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Dienstag in Stockholm bekannt. Zeilinger wird gemeinsam mit dem französischen Physiker Alain Aspect und dem US-Physiker John F. Clauser unter anderem für Experimente mit verschränkten Photonen geehrt. Die Auszeichnung ist heuer so wie im Vorjahr mit zehn Millionen Schwedischen Kronen (knapp 920.000 Euro) dotiert.
Die Auszeichnung ergeht an die Preisträger unter anderem für Pionierarbeiten in der Quanteninformation. Zeilinger wurde 1945 in Ried im Innkreis (OÖ) geboren, übersiedelte aber bereits als Zehnjähriger nach Wien, weil sein Vater - Professor für Milchwirtschaft, Molkereiwesen und landwirtschaftliche Mikrobiologie - an der BOKU Wien lehrte und später das Rektorat übernahm. Nach der Matura im Gymnasium Fichtnergasse in Hietzing studierte Zeilinger an der Universität Wien Physik und Mathematik, später habilitierte er sich an der TU Wien.
Quantenteleportation machte „Mr. Beam“ berühmt
Es folgten Forschungs- und Lehraufenthalte in den USA, Berlin, Oxford und Paris, bevor Zeilinger nach Österreich zurückkehrte und zuerst in Innsbruck, später in Wien seine Arbeit fortsetzte. Besonders bekannt machte ihn sein Experiment zur Quantenteleportation, wobei hier allerdings keine Materie oder Energie übertragen wird. Dem Austro-Physiker brachte es dennoch den Spitznamen „Mr. Beam“ ein. Diese Art der Informationsweitergabe sei zum Beispiel „fundamental wichtig zum Informationstransport in Quantencomputern“, so der Physiker. Zeilinger forscht außerdem in den neueren Teilgebieten Quantenkryptografie und Quanteninformation. Von 2013 bis 2022 war er Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, seine Nachfolge trat heuer Ex-Minister Heinz Faßmann an.
Übergeben wird der Preis alljährlich am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel, in Stockholm. Die Auszeichnung ergeht an die Preisträger unter anderem für Pionierarbeiten in der Quanteninformation. Die drei Physiker hätten den von Albert Einstein als „spukhafte Fernwirkung“ abgetanen quantenphysikalischen Zustand, bei dem zwei verschränkte Teilchen wie von Zauberhand miteinander verbunden bleiben und ihre physikalischen Eigenschaften teilen, „aus der Theorie in die Praxis gebracht“, heißt es seitens des Komitees.
Zeilinger: „Überrascht vom Anruf“
Er sei „sehr überrascht“ von dem Anruf gewesen, sagte Zeilinger in einer ersten Reaktion im Rahmen der Pressekonferenz in Stockholm. Er sei immer von Quantenmechanik fasziniert gewesen - „vom ersten Moment, an dem ich davon gehört habe“. Zeilinger würdigte am Dienstag auch seinen Doktorvater Helmut Rauch als „Pionier in Quantenphysik“, der ihm ermöglicht habe, seine Forschungen in Wien voranzutreiben. Damals sei vieles in dem Feld noch „komplett philosophisch“ gewesen. Zeilinger und seine Mit-Laureaten haben das verändert. Mittlerweile gebe es in dem Feld technologische Anwendungen, aber viele Grundfragen in der Quantenphysik seien weiter unbeantwortet.
Anton Zeilinger ist der vierte Österreicher, der den Nobelpreis für Physik erhält. Der erste war Erwin Schrödinger im Jahr 1933 für seine Weiterentwicklung der Quantenmechanik, Victor Franz Hess bekam den Wissenschaftspreis drei Jahre später für die Entdeckung kosmischer Strahlung. Zuletzt erhielt ihn just in Zeilingers Geburtsjahr 1945 Wolfgang Pauli für ein quantenphysikalisches Gesetz, das er unter dem Namen „Pauli-Prinzip“ publizierte. Die meisten Physik-Nobelpreisträger, nämlich bislang 95 Männer und Frauen, kommen aus den USA.
Er sehe den Preis auch als „Ermutigung für junge Menschen“, sagte Zeilinger und riet ihnen: „Denkt nicht zu viel an künftige Anwendungen.“ Ohne die vielen Mitarbeiter hätte man den Weg in Richtung Anwendung nicht beschreiten können. Was man in den nächsten 20 Jahren sowohl im Feld der Grundlagen der Quantenphysik und als auch bezüglich Anwendungen sehen wird, sei „absolut offen“, sagte Zeilinger, der am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel, zusammen mit Aspect und Clauser in Stockholm den Preis entgegennehmen wird.
2021 an Klima- und Komplexitätsforscher
Im vergangenen Jahr ging die Auszeichnung zur Hälfte an zwei Meteorologen, den Deutschen Klaus Hasselmann und den aus Japan stammenden US-Forscher Syukuro Manabe, zur anderen Hälfte an den italienischen Physiker Giorgio Parisi. Die Wissenschaftler wurden für ihre „bahnbrechenden Beiträge zum Verständnis komplexer physikalischer Systeme“ ausgezeichnet.
Hasselmann und Manabe erhielten den Preis „für das physikalische Modellieren des Klimas der Erde, die quantitative Analyse von Variationen und die zuverlässige Vorhersage der Erderwärmung“, Parisi für „die Entdeckung, wie das Zusammenspiel von Unordnung und Fluktuationen physikalische Systeme von der atomaren bis hin zur planetarischen Ebene bestimmt“.
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