Die Liste der Plagiatsvorwürfe gegen Minister der türkis-grünen Bundesregierung wird um einen Eintrag reicher. Diesmal betroffen: die 139 Seiten fassende Diplomarbeit von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Der bekannte Gutachter Stefan Weber sieht in seiner Arbeit „umfangreiche Plagiate.“
Karner hat seine Diplomarbeit im Fach Betriebswirtschaftslehre bereits 1995 an der Wirtschaftsuniversität Wien verfasst und dabei - wie üblich - mit seiner Unterschrift versichert, sich „keiner unerlaubten Hilfe bedient“ zu haben. Dass dies aber offenbar nicht der Fall ist, zeigt die Dokumentation von Weber in seinem Blog.
Zitate vielfach nicht ausgewiesen
Der Gutachter zitiert darin zahlreiche Stellen der Arbeit, die häufig keine entsprechende Quellenangabe enthielten und häufig nur geringfügig umgeschrieben waren. Insbesondere indirekte Zitate seien dabei vielfach nicht ausgewiesen worden, geht Weber mit dem Innenminister hart ins Gericht.
Ganze Textpassagen kopiert
Am Beispiel einer Quelle dokumentiert Weber, dass sich Karner recht ausführlich von einer Arbeit des Wirtschaftswissenschaftlers Alfred Kuß (konkret vom Werk „Information und Kaufentscheidung“) „inspirieren“ hat lassen. Das gesamte Ausmaß der Übernahmen wurde dabei jedoch „an keiner Stelle kenntlich gemacht“, schreibt Weber - aber auch bei entsprechenden Kennzeichnungen hätten diese Passagen „urheberrechtlich nicht einmal als ,Kleinzitat‘ Bestand gehabt“, so der Gutachter.
Der selbsternannte Plagiatsjäger stellt sich aufgrund der zahlreichen kopierten Textstellen sogar die Frage, „was in dieser Arbeit überhaupt vom ehemaligen Diplomanden stammt - bis auf die Textseite 1, die durch eine Spezialität der Interpunktion auffällt: viermal ein Leerzeichen vor dem Fragezeichen.“
Karner: „Intensive Recherchetätigkeit“
Karner selbst verteidigte seine damalige Vorgehensweise gegenüber dem „Standard“: Er sei „entsprechend den geltenden wissenschaftlichen Standards und den technischen Möglichkeiten der damaligen Zeit“ vorgegangen und habe „intensive Recherchetätigkeit“ betrieben. Dementsprechend sehe er also jedweder Prüfung „mit großer Gelassenheit“ entgegen.
Es handelt sich bei dem Vorwurf um kein Novum in der türkis-blauen Bundesregierung. Aufgrund massiver Vorwürfe und skurril anmutender Übersetzungen ist etwa die ehemalige Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) im Vorjahr zurückgetreten. Weber stellte in weiterer Folge aber auch Plagiatsvorwürfe gegen Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) sowie Qualitätsmängel bei Justizministerin Alma Zadic (Grüne) in den Raum. Diese hat die Vorwürfe als „absolut unseriös und falsch“ zurückgewiesen, die Prüfung durch die Uni Wien ist noch nicht abgeschlossen.
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