Sie kam, sah, siegte bei den Olympischen Spielen in Peking - und siegte nun erneut: Anna Gasser ist die neue „Sportlerin des Jahres“! In der Nachfolge von Rad-Olympionikin Anna Kiesenhofer setzte sich die „Big-Air-Goldene“ bei der Wahl unter Sportjournalisten klar mit 1084 Punkten vor Skispringerin Sara Marita Kramer (470) und unserem Tischtennis-Aushängeschild Sofia Polcanova (401) durch.
Es ist offensichtlich, dass Gasser der zweite Olympia-Sieg die dritte Auszeichnung als Österreichs „Sportlerin des Jahres“ nach 2017 und 2018 einbrachte. Der Spaß am Sport treibt die Ausnahmekönnerin mit dem Snowboard weiter an, das Gold bei den Winterspielen im Februar in Peking im Big Air könnte nicht das letzte gewesen sein. Die 31-jährige steckt mitten in der Vorbereitung auf den kommenden Winter und schließt auch eine Olympia-Teilnahme 2026 nicht aus.
„Es gibt so viele, die es sich auch verdient hätten“, dachte Gasser in der Stunde des Triumphs auch an erfolgreiche Sportlerinnen und Sportler ohne die nach Niki Lauda benannte Trophäe NIKI. „Ich muss an meine Snowboard-Kollegen denken, die auch beide eine Goldmedaille gewonnen haben (Benjamin Karl, Alessandro Hämmerle, Anm.) und an so viele andere Sportler auch.“ Und Gasser würdigte auch ihre direkte Konkurrenz: „Wäre Sara bei Olympia gewesen und hätte gewonnen, hätte sie das nachhause mitgenommen. Auch Sofia in einer Sportart, die nicht oft in den Medien ist. Es hat sich wirklich jeder verdient.“
Bei den heurigen Winterspielen wusste Gasser, dass sie etwas Besonderes braucht. Also packte sie einen im Wettkampf noch nicht gezeigten Trick aus - und landete den Cab Double Cork 1260, einen Doppelsalto mit dreieinhalb Drehungen. Der Lohn war ihr zweites Gold im Zeichen der Fünf Ringe. Verbunden mit einem Wermutstropfen, hatte doch ihr Freund Clemens Millauer verletzungsbedingt vorzeitig aus China abreisen müssen. „Ich kriege die Medaille und er wird heute operiert. Da sieht man, wie nah im Spitzensport Erfolge und Tiefpunkte zusammenliegen.“
Gasser ist ein Weltstar in ihrem Sport, sie holte neben den zwei Olympia-Siegen auch den WM-Titel 2017 im Big Air, Siege bei den X Games und ist u.a. Gewinnerin von 10 Weltcup-Bewerben (sieben Big Air, drei Slopestyle). Großen Erfolgen gingen oft kleinere, aber auch problematischere Verletzungen voraus - eine Nackenblessur 2016 hätte das Karriereende bedeuten können. Speziell im Training ist die Millstätterin nach wie vor kaum zu bremsen, und in der Luft in einer eigenen Welt. In den vier Jahren zwischen den Olympia-Siegen machte Gasser eine große Entwicklung durch - von der Persönlichkeit her blieb sie zurückhaltend, als Athletin ist sie aber inzwischen gereift.
Es gibt kein „auf Biegen und Brechen“ mehr, sondern stets kalkuliertes Risiko. Im November 2021, anlässlich der Präsentation des Dokumentationsfilmes „The Spark Within“, erklärte sie im Interview, dass sie nun auch zu dosieren verstehe. „Wenn ein perfekter Tag am Berg ist und ich mich gut fühle, gehe ich ein gewisses Risiko ein. Aber wenn bei einem Bewerb die Verhältnisse schlecht sind, sage ich, heute gebe ich nicht alles, heute fahre ich mehr auf Taktik. Vielleicht ist der erste Platz nicht so wichtig wie die Gesundheit in der gesamten Saison. Diesen Weitblick habe ich erst in den letzten zwei, drei Jahren gelernt. Davor habe ich immer alles gegeben, aber das war in meinem Fall nicht immer gut.“
Die Liebe zum Sport ist aber die gleiche geblieben, bestätigte auch Cheftrainer Patrick Cinca nach dem zweiten Olympiasieg. „Sie hat so eine Hingabe für den Sport, dass sie alles andere vernachlässigt, es geht nur ums Snowboarden. Sie findet jeden Tag aufs Neue die Motivation, alles zu geben. Sie nützt alles aus, um das Maximum herauszuholen.“ Gasser hat sich während ihrer ganzen Karriere dem Erarbeiten neuer Tricks verschrieben - und war der Konkurrenz und den stark nachdrängenden Jungen oftmals einen Schritt voraus.
Dabei ist die 1,67 Meter große Oberkärntnerin eine Spätstarterin auf dem Board. Die ehemalige Schülerin des BRG Spittal/Drau war bis 15 erfolgreiche Turnerin und Sportakrobatin, als 18-Jährige brachte ihr ein Cousin auf dem Mölltaler Gletscher die ersten Tricks auf dem Snowboard bei. Und die Erfolgsgeschichte begann ...
Die Top-10 bei den Damen:
1. GASSER Anna (Snowboard) 1084 Punkte
2. KRAMER Sara Marita (Skispringen) 470
3. POLCANOVA Sofia (Tischtennis) 401
4. STADLOBER Teresa (Langlauf) 306
5. LIENSBERGER Katharina (Ski Alpin) 303
6. HÖLL Valentina (Rad/Mountainbike) 228
7. PILZ Jessica (Klettern) 169
8. HAUSER Lisa (Biathlon) 166
9. ALEXANDRI Vasiliki (Synchronschwimmen) 158
10. MITTERWALLNER Mona (Rad/Mountainbike) 109
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