Zweimal pro Jahr lud Wolfgang Schüssel in den Zweitausender-Jahren eine kleine Expertenrunde zu sich ins Kanzleramt. Philosophen, Wissenschaftler und andere kluge Köpfe dachten in lockerer Atmosphäre über Fragen nach, für die in der Hektik der Tagespolitik keine Zeit blieb. Das Treffen hieß „Philosophicum“, wie das alljährlich stattfindende gleichnamige Symposium in Lech. Einer der Teilnehmer war der Quantenphysiker Anton Zeilinger.
In der „ZIB 2“, wo der neue Physik-Nobelpreisträger sein erstes Interview gab, bedankte sich Zeilinger für die Unterstützung, die er bereits vor 40 Jahren bekam, als er noch „ein Niemand“ gewesen sei. Ausdrücklich auch bei den Steuerzahlern, mit deren Geld er forschen durfte. Es bleibe aber ein Kampf, die Politik davon zu überzeugen, dass sie noch mehr in Grundlagenforschung investieren müsse.
Dieses schwierige Verhältnis zwischen Politik und Wissenschaft, das in der Pandemie deutlich sichtbar wurde, hat der ehemalige Forschungsrat Hannes Androsch, frei nach Grillparzer, einmal so beschrieben: „Das ist der Fluch von diesem Land, zu halben Zielen mit halben Taten und halben Mitteln mutig voranzuschreiten.“
Der Nobelpreis, mit dem sich jetzt alle rühmen, ist auch ein Auftrag an die Politik. Mehr auf unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu hören, vielleicht wieder ein „Philosophicum“ im Kanzleramt einzuführen. Und bei der Grundlagenforschung nicht zu sparen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.