Pommers Feierabend

Fast jeder gegen fast jeden

Pommer am Abend
06.10.2022 15:17

Einen schönen Donnerstagabend.

Es gibt Tage, an denen tun wir so, als würden wir ewig leben. Gestern hatte ich einen solchen. Aufstehen, arbeiten, die Leere dazwischen und danach mit ungesunden Lebensmitteln füllen, mit panierten Tieren, die mit zwei Jahren an Altersschwäche gestorben sind, heimfahren, die Wahlduelle auf PULS 24 schauen, dann „ZIB 2“, danach schlafen und auf Albträume hoffen, damit der Abend nicht völlig sinnlos war. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, die Kolleginnen und Kollegen des Privatsenders haben ein tolles Programm auf die Beine gestellt - bei vielen Formaten überholen sie inhaltlich den Öffentlich-Rechtlichen, bei dem es übrigens immer noch „MacGyver“ spielt, dessen Hauptprotagonist Richard Dean Anderson mittlerweile 72 Jahre alt ist. 72 Jahre! Also nur sechs Jahre jünger als Alexander Van der Bellen. Manchmal wünsche ich mir als GIS-Zahler, MacGyver würde im Nachprogramm aus alten Kabeln, einer Taschenlampe, einem Camcorder aus dem Technischen Museum und einem Magnetofon ein richtig cooles ORF-Programm basteln, so wie früher aus Kaugummi, Unkrautvernichter und einer Prise Salz eine Bombe. Aber die Phoenix Foundation kann eben nicht überall sein.

Jedenfalls werde ich das sprichwörtliche Fass aufmachen, wenn die Wahl vorbei ist. Das PULS-Format hieß „Jeder gegen jeden“, nach der fingierten Mondlandung die zweitgrößte TV-Lüge der Welt, denn Alexander Van der Bellen lag um diese Zeit vielleicht schon tief schlafend im Bett oder rauchte gemütlich eine Zigarette oder vielleicht auch beides, jedenfalls schwänzte er die Duelle - eine selbstlose Rettungsaktion für die Würde des Amtes. Und so blieben übrig: Michael Brunner, Gerald Grosz, Walter Rosenkranz, Heinrich Staudinger, Tassilo Wallentin und Dominik Wlazny. Um die Sinnlosigkeit der Aktion hervorzuhaben: Alle Beteiligten stritten stundenlang miteinander darum, wer von ihnen am wenigsten nicht Bundespräsident wird. Dominik Wlazny war am Ende schon recht müde, er ist mit 35 Jahren übrigens der Jüngste von allen, und Gerald Grosz war es bedauerlicherweise nicht. Ich habe jedoch Verständnis für sein Verhalten, gebe ich zu, Grosz wurde von der FPÖ und später vom BZÖ großgezogen und danach für Jahre von Wolfgang Fellner und Sebastian Bohrn Mena in einem OE24-Studio gefangen gehalten. Im Vergleich dazu wäre vermutlich sogar der Kannibale von Rotenburg einfacher zu resozialisieren. Er trägt nun einmal das Herz auf der Zunge, also Grosz natürlich.

Beim Duell Staudinger gegen Brunner stellte sich bei mir daheim der Moment des Bedauerns darüber ein, dass eine Flasche Arsen leider nicht zum Sortiment eines gut geführten Haushaltes gehört. Brunner, der Mann, der niemals zwinkert, schlägt übrigens ein AMA-Gütesiegel für heimischen Cannabisanbau vor, so wie es das Unternehmen sonst auf Streichwurst klatscht. Da kann man sich dann mit gut geprüftem Gras überdurchschnittlicher Qualität zum Beispiel für den nächsten Bundespräsidentenwahlkampf dämlich kiffen. Staudinger trägt immer eine rote Jacke und geht gerne in den Zirkus, ich glaube privat, den Rest habe ich verdrängt. Rosenkranz will gewählt werden, weil er jeden kennt, als wäre das nicht genau das Problem in diesem Land. Zu Wallentin enthalte ich mich berufsbedingt, sagen wir so, ich bin nur froh, dass ich zu der Abendveranstaltung keinen Faktencheck schreiben musste. Alleine auch unmöglich, das wäre vermutlich nur mithilfe jenes Journalistennetzwerkes schaffbar gewesen, das die „Panama Papers“ aufgedeckt hat.

Drei Tage noch, dann ist das Kabarett vorbei. Dann können wir wieder lachen.

Ich wünsche einen schönen Feierabend, so Sie einen haben.

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