Der Reigen der Fernsehauftritte vor der Hofburg-Wahl neigt sich dem Ende zu. Am Donnerstag waren die sieben Anwärter für das höchste Amt im Staat in den ORF eingeladen, um dort in Einzelinterviews ihre Vorstellungen kundzutun. Aufhorchen ließ der freiheitliche Präsidentschaftskandidat Walter Rosenkranz, der der EU vorwarf, „kriegsgeil“ zu sein.
Eine klassische Elefantenrunde scheiterte daran, dass Amtsinhaber Alexander Van der Bellen wie seine Vorgänger - u.a. Heinz Fischer - beim Anlauf zur Wiederwahl auf Konfrontationen verzichtete. Der ORF ließ die Kandidaten in der Reihenfolge ihrer Umfragenstärke auftreten, der chancenreichste zuletzt, womit Van der Bellen am längsten auf seinen Auftritt warten musste.
„Oida, es reicht“
Der Amtsinhaber musste sich gleich verteidigen, weil er nicht mit den Herausfordern diskutieren wollte. Sein Argument blieb, dass die Menschen nach sechs Jahren schon wüssten, wie er in Krisensituationen reagiere. Auch hätten ihn die Auftritte der Gegenkandidaten im Wahlkampf eher in dieser Entscheidung bestärkt. Kritik an Social-Media-Auftritten wies Van der Bellen als humorlos zurück: „Kein Mensch glaubt ernsthaft, dass ,Juli‘, mein Hund, ein Interview gibt.“ Zu alt für das Amt hält sich der 78-Jährige nicht: „Ich finde, ich bin jetzt langsam reif genug und alt genug, um dieses Amt auszuüben.“ Sollte er sich nicht mehr fit genug fühlen, würde er sicher sagen: „Oida, es reicht.“
Austritt aus EU? Rosenkranz würde mit Nein stimmen
Rosenkranz legte seinen Fokus auf die Neutralität, die Österreich durch die Unterstützung der Russland-Sanktionen verlassen habe. Bei einer Volksabstimmung über einen Austritt aus der EU würde er derzeit noch mit Nein stimmen, da es eine Reformmöglichkeit gebe. Wenn man aber auf einen Eisberg zusteuere - und das sei nicht mehr sehr fern -, sollte man lieber in einem Rettungsboot davonfahren, sprich über ein Referendum die EU verlassen.
Die Sanktionspolitik könnte für Rosenkranz auch ein Anlass dafür sein, die Regierung zu entlassen.
Wallentin würde Gesetze mit Binnen-I nicht unterfertigen
Rechtsanwalt Tassilo Wallentin meinte, dass es für viele der schwierigen Fragen der Zeit von Asyl bis Inflation gar nicht so komplizierte Lösungen gebe. Nur könne das gegenwärtige System den Anstoß nicht geben. Dafür brauche es jemanden von außen wie ihn, der frischen Wind bringe. Bei einer Stichwahl fände er jeden anderen besser als den Amtsinhaber. Gesetze mit Binnen-I würde er nicht unterfertigen, weil dieses sexuell Uneindeutige und Transsexuelle ausklammere und daher möglicherweise verfassungswidrig sei.
Staudinger: „Das bringe ich nicht zusammen“
Schuhproduzent Heinrich Staudinger gab sich wieder unkonventionell. Auch als Bundespräsident würde er sich nicht an Gesetze halten, die er nicht nachvollziehen kann: „Das bringe ich nicht zusammen.“
Brunner arbeitete sich am Staat ab
MFG-Chef Michael Brunner arbeitete sich inhaltlich wieder am Staat ab: „Glauben Sie tatsächlich noch an einen funktionierenden Rechtsstaat in Österreich?“ Die Rolle des Präsidenten will er stärken, dazu Volksabstimmungen ausbauen und aufwerten und davor die Regierung entlassen und durch ein Übergangskabinett ersetzen.
Grosz: Übergangsregierung bis zur Neuwahl
Wie Brunner würde auch Gerald Grosz, der ebenfalls ein Scheitern z.B. in der Corona-Politik attestierte, eine Übergangsregierung bis zu einer Neuwahl etablieren: „Das wäre die Erlösung.“ Dem Übergangskabinett gäbe er per Präambel als Aufgabe unter anderem mit, die Russland-Sanktionen zu beenden. Dass er auf eine zivilrechtliche Verurteilung aus der Vergangenheit angesprochen wurde, entrüstete Grosz ungemein. In einer Stichwahl würde er jeden Gegner Van der Bellens unterstützen im Sinne einer „Niederlage für das Establishment“.
Wlazny: „Ich bin unverbraucht“
Dominik Wlazny, der als Sänger und Bierpartei-Gründer Marco Pogo bekannt wurde, hat inhaltlich durchaus Überschneidungen mit dem Amtsinhaber. Als bessere Alternative sieht er sich dennoch: „Ich bin in meiner politischen Tätigkeit unverbraucht.“
Dass er mit 35 gerade einmal das Mindestalter für einen Antritt erreicht hat, sieht Wlazny als Vorteil. Trotz seiner jungen Jahre nehme er als Unternehmer und Arzt viel Erfahrung mit. Kritik am Namen Bierpartei teilt er nicht: „Ich habe in dem Wahlkampf eigentlich nie über Bier geredet.“
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