Kiew schwört Rache:

„Der Feind wird für Tod und Schmerz bestraft!“

Ausland
10.10.2022 12:19

Dutzende Raketen und offenbar auch Kamikaze-Drohnen hat Kremlchef Wladimir Putin am Montag wohl als Vergeltung für den Angriff auf die wichtige Krim-Brücke nach Kiew und in andere ukrainische Großstädte geschickt. In fast allen Landesteilen der Ukraine galt Luftalarm. Alleine im Zentrum von Kiew gab es mindestens fünf Tote und zwölf Verletzte. Das ukrainische Verteidigungsministerium schwört nun Rache: „Der Feind wird für den Schmerz und den Tod bestraft, der über unser Land gebracht wurde! Wir werden unsere Rache bekommen!“ Putin verteidigte indessen die Angriffe und drohte gar mit einer noch härteren „Antwort“.

Elf wichtige Infrastruktureinrichtungen in Kiew und acht Regionen sind nach Angaben der Regierung beschädigt worden. „Einige Gebiete sind nun von der Außenwelt abgeschnitten. Man muss sich auf zeitweilige Unterbrechungen von Licht, Wasserversorgung und Kommunikation einstellen“, teilte Ministerpräsident Denys Schmyhal über den Kurznachrichtendienst Telegram mit.

Insgesamt hat Russland nach offiziellen Angaben aus Kiew am Montag 75 Raketen auf verschiedene Städte in dem überfallenen Land abgefeuert. 41 davon habe die ukrainische Luftabwehr abgeschossen, teilte der Berater des ukrainischen Präsidentenbüros, Mychajlo Podoljak, in einem Video in seinem Kanal im Nachrichtendienst Telegram mit. Russland zeige damit nach zahlreichen Niederlagen in seinem Krieg gegen die Ukraine, dass es am Ende sei. „Das sind die Todeszuckungen eines verwundeten Tieres“, sagte er.

„Russische Frage mit Gewalt lösen“
Russland töte „unsere Leute, die zu Hause in Saporischschja schlafen. Sie töten Menschen, die in Dnipro und Kiew zur Arbeit gehen“, sagte Präsident Selenskyj. Die Energieinfrastruktur der Ukraine sei ins Visier genommen worden, betonte Selenskyj in einer Videobotschaft, die ihn vor seinem Präsidialamt in Kiew zeigt. „Das zweite Ziel sind die Menschen. Dieser Zeitpunkt und diese Ziele wurden speziell ausgewählt, um so viel Schaden wie möglich anzurichten“, warf er der russischen Führung vor.

Selenskyj kündigte eine Sondersitzung der sieben führenden Industrienationen (G7) an. Selenskyj-Berater Andrij Jermak erklärte, die Raketenangriffe seien ein weiteres Signal an die zivilisierte Welt, dass die „russische Frage“ mit Gewalt gelöst werden müsse.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videoansprache (Bild: AFP)
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videoansprache

In fast allen Landesteilen der Ukraine galt Luftalarm. „Ein massiver Raketenangriff auf das Gebiet, es gibt Tote und Verletzte“, teilte der Militärgouverneur der Region Dnipropetrowsk um die Industriestadt Dnipr, Walentyn Resnitschenko, am Montag auf seinem Telegram-Kanal mit. Über Einschläge berichten auch die Behörden von Lwiw (Lemberg), Chmelnyzkyj, Ternopil und Schytomyr. Lwiw ist nach Angaben von Bürgermeister Andrij Sadowyj nun ohne Energie. „Wegen des fehlenden Stroms wurde der Betrieb des städtischen Heizkraftwerks vorübergehend eingestellt“, teilte Sadowyj am Montag mit. Es gebe daher kein heißes Wasser.

Vier Tote gab es Behördenangaben zufolge durch einen Raketenangriff in der ostukrainischen Großstadt Slawjansk im Gebiet Donezk. Der Einschlag sei im Stadtzentrum erfolgt, teilte Bürgermeister Wadym Ljach mit. In mehreren Stadtteilen ist der Strom ausgefallen.

Republik Moldau meldet Raketenüberflüge
Die ukrainische Stadt Saporischschja, in deren Nähe Europas größtes Atomkraftwerk liegt, wurde in der Nacht erneut von Raketen beschossen. „Infolge eines Raketenangriffs im Zentrum von Saporischschja wurde erneut ein mehrstöckiges Wohnhaus zerstört“, schrieb der Gouverneur der Region, Oleksandr Staruchin, in der Messaging-App Telegram.

„Es gibt Verletzte.“ Auch in der russischen Region Belgorod an der Grenze zur Ukraine gab es am Montagmorgen Zeugen zufolge eine Explosion. Es sei ein lauter Knall zu hören gewesen, und die Fenster hätten gewackelt, sagte ein Augenzeuge. Auch die benachbarte Republik Moldau meldete Raketen-Überflüge. Der russische Botschafter wurde ins Außenamt zitiert.

In Kiew waren die Innenstadt sowie der Stadtteil Solomjanskyj betroffen. Luftsirenen ertönten, die Menschen brachten sich so weit wie möglich in Schutzkellern in Sicherheit. Rauchwolken waren über der Stadt zu sehen. An einem Verkehrsknotenpunkt standen zerbombte Autos. „Die Hauptstraßen von Kiew sind von Sicherheitskräften gesperrt worden, die Rettungskräfte sind im Einsatz“, schrieb Klitschko. Es gab mindestens fünf Tote und zwölf Verletzte. „Zum jetzigen Zeitpunkt ist der Tod von fünf und die Verletzung von zwölf Kiewern bestätigt“, teilte der Berater des Innenministeriums, Anton Geraschtschenko, am Montag auf seinem Telegram-Kanal mit. Es sei auch ein Kinderspielplatz getroffen worden.

Zuvor hatte der Vizechef des russischen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, der Ukraine Vergeltung für die Explosionen auf der für Russland strategisch wichtigen Krim-Brücke angedroht. Medwedew sagte am Sonntag: „Alle Berichte und Schlussfolgerungen sind gemacht. Russlands Antwort auf dieses Verbrechen kann nur die direkte Vernichtung der Terroristen sein.“

Reaktion auf „Terroranschläge“
Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Raketenangriffe Moskaus gegen zahlreiche ukrainische Städte als Reaktion auf die „Terroranschläge“ auf russischem Gebiet bezeichnet. Zugleich drohte der Staatschef Kiew am Montag bei einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrats mit einer noch härteren „Antwort“, sollten die „ukrainischen Angriffe“ fortgesetzt werden.

„Wenn die Versuche terroristischer Anschläge auf unser Gebiet fortgesetzt werden, werden die Antworten Russlands heftig ausfallen und in ihrem Ausmaß dem Niveau der Bedrohungen entsprechen“, sagte Putin zum Beginn der vom Fernsehen übertragenen Sitzung. Am Samstag war die Kertsch-Brücke zur von Russland annektierten Halbinsel Krim durch eine Bombenexplosion schwer beschädigt worden. Putin warf der ukrainischen Führung vor, sich mit den „schlimmsten internationalen Terrorgruppierungen“ auf eine Stufe zu stellen. Es sei für Russland nicht möglich gewesen, das unbeantwortet zu lassen.

Präsident Wladimir Putin während einer Besprechung mit seinem Sicherheitsrat (Bild: AP)
Präsident Wladimir Putin während einer Besprechung mit seinem Sicherheitsrat

Kadyrow: „Renn lieber, Selenskyj!“
Der tschetschenische Machthaber Ramsan Kadyrow, der erst vor Kurzem vom Kreml zum Generaloberst befördert worden war, zeigte sich erfreut über die massiven Vergeltungsschläge und forderte Präsident Selenskyj zur Flucht auf. „Wir haben dich, Selenskyj, gewarnt, dass Russland noch nicht einmal richtig angefangen hat, also hör auf zu jammern wie eine Niete und renn lieber, solange es noch nicht bei dir eingeschlagen hat“, tönte der 46-jährige Präsident der russischen Teilrepublik.

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