Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) und seine kosovarische Amtskollegin Donika Gërvalla-Schwarz haben bei einem Treffen am Dienstag in Wien vor einer Destabilisierung des Balkan durch Russland gewarnt. „Wir alle wissen, dass wir hier sehr achtsam sein müssen“, denn der Konflikt könnte ins Herzen des europäischen Kontinents getragen werden, sagte Schallenberg. Im Dialog zwischen dem Kosovo und Serbien wandte er sich gegen „Blockaden, woher auch immer sie kommen“.
Der aktuelle massive Beschuss von russischer Seite auf Ziele in der ganzen Ukraine zeige, „dass dieser Krieg noch ein enormes Eskalations- und Zerstörungspotenzial hat“, warnte Schallenberg bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. „Wir erleben jeden Tag, wie Russland nicht nur für das Baltikum, sondern auch für den Balkan eine stetig steigende Gefahr darstellt“, sagte die kosovarische Außenministerin. „Putin ist mit seinen Proxys seit Jahren eng koordiniert immer militanter rund aggressiver auch in Südeuropa unterwegs“, so Gërvalla-Schwarz.
Kosovo streckt Fühler in Richtung EU aus
Die zum Teil in Deutschland aufgewachsene und daher perfekt Deutsch sprechende Chefdiplomatin dankte Schallenberg für dessen „unermüdlichen Einsatz“ für die seit Jahren von der EU in Aussicht gestellte, aber bisher nicht umgesetzte Visaliberalisierung für den Kosovo. „Es ist völlig unverständlich, dass wir noch nicht weitergekommen sind mit der Visaliberalisierung“, kritisierte der Außenminister einmal mehr. „Wir müssen endlich Nägel mit Köpfen machen, genauso bei Bosnien-Herzegowina“, das den EU-Kandidatenstatus erhalten solle. Schallenberg sprach von einem „Lackmustest für Europa“, das strategischen Weitblick zeigen müsse in seiner unmittelbaren Nachbarschaft: „Sind wir in der Lage, Sicherheit und Stabilität zu exportieren oder laufen wir irgendwann Gefahr, Instabilität und Unsicherheit importieren zu müssen“, sagte er.
Schallenberg betonte die Wichtigkeit des von der EU geführten Normalisierungsdialogs zwischen Belgrad und Prishtina. Das sei ein „Nadelöhr, durch das die gesamte Region durch muss“. Ohne Serbien oder den Kosovo direkt zu nennen, mahnte der Außenminister, dass „Blockaden, woher auch immer sie kommen, sei es in den Verhandlungen, sei es auf der Straße, letztlich nur Verlierer hinterlassen“ würden. Daher sei seine Hoffnung, dass Kompromissbereitschaft und Fortschritte möglich seien.
Einreiseregeln für Serben sorgen weiter für Spannungen
Auf die Frage, ob Schritte wie die im Sommer erlassenen kosovarischen Einreiseregeln für Serben, die zu Spannungen an der Grenze zwischen Serbien und dem Kosovo geführt hatten, hilfreich seien, meinte Schallenberg: Die Tatsache, dass jede einzelne Frage der nachbarschaftlichen Zusammenarbeit das „Potenzial hat, eine Lunte zu sein und ein Eskalationspotenzial, das ist nicht das Interesse von Prishtina und Belgrad, das ist auch nicht förderlich auf dem Weg in die Europäische Union“. Österreich habe die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt, die Position sei klar, „aber es bedarf der Zusammenarbeit auf bilateralen Wegen zwischen den beiden Partnern, das ist der einzige Weg, der nach vorne führt“.
Gërvalla-Schwarz bezeichnete die verhängten Einreiseregeln als „nur logische Schlussfolgerung eines sehr langen Prozesses“, nachdem Serbien Gesprächsangebote über die Gleichbehandlung abgelehnt habe. Nun sei erreicht worden, dass Serbien nun kosovarische Personalausweise anerkennt. Ganz beigelegt ist der Konflikt allerdings noch nicht: Am 31. Oktober läuft die Frist aus, bis zu der serbische Kfz-Kennzeichen durch kosovarische ausgetauscht werden müssen. Es sei nur eine Minderheit der Angehörigen der serbischen Minderheit im Kosovo, die dies bisher nicht getan hätten, zeigte sich Gërvalla-Schwarz zuversichtlich.
Einladung, in Balkanstaat zu investieren
Beide Außenminister lobten die ausgezeichneten Beziehungen zwischen Österreich und dem Kosovo „seit der Geburtsstunde“ des jüngsten Staates Europas, der 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt hatte. Gërvalla-Schwarz lud Österreich ein, in dem kleinen Balkanstaat zu investieren. „Gerade Österreich ist uns sehr willkommen, ich würde sagen, der Moment ist günstig, eure Nachbarn stehen auch schon in den Startlöchern.“ Schallenberg gab seinerseits das Ziel aus, dass Österreich unter den Top-3 der Investoren im Kosovo aufrücken möchte. Dazu brauche es auch vonseiten des Kosovo entsprechende Rahmenbedingungen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.