Hilfsorganisationen quer durchs Land berichten von einem wachsenden Zustrom von Menschen in finanzieller Notlage. Das Tiroler Bündnis gegen Armut fordert einen Kraftakt von der künftigen Landesregierung. Vor allem beim Thema Wohnen sei rasches Handeln gefordert.
Mehr als 300 Institutionen – von Obdachlosenvereinen bis hin zu Jugendberatungsstellen und kirchlichen Einrichtungen – bilden das 2017 gegründete Tiroler „Bündnis gegen Armut und Wohnungsnot“. Vier Vertreter saßen am Donnerstag vor versammelter Presse und gaben Einblick in eine dramatische Entwicklung: Sie erzählten von immer mehr Tiroler Familien, die sich trotz staatlicher Hilfe die Miete nicht mehr leisten können. Von Kindern und Erwachsenen, die vergeblich auf einen dringend notwendigen Therapieplatz warten.
Sie berichten von obdachlosen Frauen mit Kindern. Schon im Vorjahr waren beim Verein „Dowas für Frauen“ 314 Frauen und 79 Kinder als wohnungslos registriert. „Tendenz steigend“, wie Vereins-Geschäftsführerin Julia Schratz bestätigt.
Es trifft vor allem Randgruppen wie Flüchtlinge oder Menschen mit Behinderung. Besonders jene ohne soziales Netz.
Simone Rabl, Diakonie Flüchtlingsdienst
Explodierende Kosten
„Viele Menschen im Land fürchten sich vor dem Winter, wissen nicht, wie sie die explodierenden Kosten stemmen sollen“, brachte Simone Rabl als Vertreterin der Diakonie die Stimmung auf den Punkt. Besonders prekär sei die Lage für Menschen ohne soziales Netz sowie Migranten.
Die jüngste Anpassung der Wohnkostenverordnung zur Mindestsicherung war zu niedrig. Die Vorgaben des Landes entsprechen nicht den Mietrealitäten.
Marion Kapferer, Dowas Innsbruck
Vier Schwerpunkte als Auftrag an die Politik
Dringenden Handlungsbedarf sieht das Bündnis vor allem beim Wohnen, bei der Kinderbetreuung, der Gesundheitsversorgung und der Existenzsicherung vor dem Hintergrund der Teuerung. Ludwig Plangger vom Behindertendachverband spricht von einem „dringend notwendigen Kraftakt“. Es brauche von der neuen Landesregierung ein klares Bekenntnis zur Armutsbekämpfung. Armut sei auch in Tirol „längst kein Randthema mehr“.
Armut ist auch in Tirol längst kein Randthema mehr. Der Umgang mit diesem Thema ist die Reifeprüfung für die künftige Regierung.
Ludwig Plangger, Arge SODiT
Für Sozialplan und rasche Hilfe bei den Wohnkosten
Das Bündnis fordert unter anderem einen langfristigen Sozialplan und die Einbindung der Hilfsorganisationen in die laufende Planung. In allen Ressorts müsse Armutsbekämpfung als wichtiges Ziel verankert werden. Als eine dringend notwendige konkrete Maßnahme nennt Marion Kapferer vom Verein Dowas die Anhebung der Wohnkostenverordnung auf die realen Mietpreise und eine Erhöhung der Mietzinsbeihilfe: „Sonst geht sich das für viele nicht mehr aus.“
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