Kurzarbeit droht

Hilferuf aus Industrie: „Werden im Stich gelassen“

Steiermark
13.10.2022 18:08

Die Energiekosten explodieren, Leitbetriebe sind mit Zusatzkosten in Millionenhöhe konfrontiert - es drohen Produktionsstopps und Kurzarbeit. Von der Politik sind die Unternehmer enttäuscht.

Selbst nackte Zahlen können eine dramatische Wirkung haben: Zwölf Millionen Euro zahlt Stahl Judenburg heuer mehr für Energie. Drei Millionen Euro sind es beim Hendrickson-Werk, ebenso viele am Wuppermann-Standort.

Die drei Industrieunternehmen befinden sich in der Murtaler Bezirkshauptstadt in unmittelbarer Nähe. Sie sind alle energieintensiv - und ihre Geschäftsführer wandten sich nun gemeinsam mit Vertretern weiterer regionaler Leitbetriebe an die Öffentlichkeit. „Viele Unternehmen sind am Anschlag. Sie überlegen, die Produktion zu drosseln und Kurzarbeit einzuführen“, berichtet Florian Hampel. Der Geschäftsführer von Hage Sondermaschinenbau hat als Vorsitzender der Initiative „Kraft. Das Murtal“ einen Einblick in die Wirtschaftslage der Region.

Hubert Pletz (Wuppermann), Armin Gößler (Hendrickson), Manfred Wehr (Stadtwerke Judenburg), Florian Hampel (Hage), Heinz Kettner (Stahl Judenburg), Heinz-Peter Schnedl (Pöls) und Bibiane Puhl (Kraft-Initiative). (Bild: Traby Jakob)
Hubert Pletz (Wuppermann), Armin Gößler (Hendrickson), Manfred Wehr (Stadtwerke Judenburg), Florian Hampel (Hage), Heinz Kettner (Stahl Judenburg), Heinz-Peter Schnedl (Pöls) und Bibiane Puhl (Kraft-Initiative).

In Asien klar im Nachteil
Die hohen Energiekosten „müssen wir an die Kunden weitergeben“, betont Heinz Kettner von Stahl Judenburg. Der große Haken: 90 Prozent der Produkte gehen in den Export, etwa nach Asien. Dort gibt es aber keine Energiekrise, die nun viel teureren europäischen Erzeugnisse verlieren an Wettbewerbsfähigkeit.

Doch selbst innerhalb von Europa sind österreichische Firmen unter Druck, wie Armin Gößler, Chef von Hendrickson, einem Hersteller von Federn für Lkw, erzählt. Ein wichtiger Mitbewerber sitzt in Spanien. Der profitiere vom dortigen Gaspreisdeckel, den es in Österreich nicht gibt. „Das ist ein untragbarer Zustand, wir brauchen eine EU-einheitliche Lösung“, fordert Gößler.

Nachhaltigkeitsprojekte gestoppt
Ähnlich die Lage im Wuppermann-Werk, wo Spaltbänder und Rohre produziert werden: Auch hier hat die internationale Konkurrenz immer mehr Kostenvorteile. „Rohstoff aus Südkorea wird nun in der Türkei veredelt und dringt in den europäischen Markt. In einem Jahr werden wir das stark spüren“, so Geschäftsführer Hubert Pletz.

Dabei werden aktuell 14 Millionen Euro in den Standort investiert - und man möchte bis 2030 CO2-neutral sein. Doch diese Projekte sind gestoppt, „wir brauchen das Geld für die Energiekrise“.

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Wir fahren im Nebel, die Entwicklung ist ungewiss.

Heinz-Peter Schnedl (Zellstoff Pöls)

Politik wird in Pflicht genommen
Dass die Sorgen weit über die Strompreise hinausgehen, zeigt das Beispiel der Zellstofffabrik Pöls. Diese kann zwar laut Technikchef Heinz-Peter Schnedl die Energie für die zwei Papierfabriken selbst herstellen, doch die steigenden Holzpreise, kurzfristige Lieferantenausfälle bei Chemikalien und Insolvenzen bei Kunden bereiten Probleme. „Wir fahren im Nebel, die Entwicklung ist ungewiss.“

In die Pflicht nehmen die Unternehmensvertreter die Politik. Diese müsse für „stabile, wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen“ sorgen, die Lösungen sollten auf europäischer Ebene gefunden werden. Doch dort ist ein Gaspreisdeckel wieder unwahrscheinlicher geworden.

Zu wenig Hilfe von Bundesregierung
Die Bundesregierung hat zwar nach monatelangem Zögern vor Kurzem den Energiekostenzuschuss für Betriebe beschlossen. Doch diese Hilfe wird im Fall von Stahl Judenburg durch die neue CO2-Abgabe und plötzlich eingehobene Energieabgaben (alleine für August und September sind 170.000 Euro fällig) quasi wieder aufgefressen, berichtet Geschäftsführer Kettner. Sein ernüchterndes Fazit: „Die Industrie wird derzeit definitiv im Stich gelassen.“

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