Klimawandel, Energiekrise, Digitalisierung, gesellschaftlicher Wandel: Überall auf der Welt stehen Unternehmen vor ähnlichen Herausforderungen. Auf der Suche nach dem richtigen Kurs bei hohem Wellengang lohnt sich ein genauerer Blick nach Hamburg - Deutschlands „smarteste City“. Was Oberösterreich von den deutschen Nachbarn lernen kann und warum Landeshauptmann Stelzer auf eine künftige Partnerschaft setzt.
Wie gigantische Arme beugen sich Kräne über Frachtschiffe, fischen Containerkolosse empor und setzen sie an Land wie bunte XL-Legosteine zusammen. Vor dieser hochtechnologisierten Kulisse zeichnen sich in der Ferne die Silhouetten pittoresker Backsteinbauten ab.
Das ist Hamburg, die zweitgrößte Stadt Deutschlands und DAS Tor zum Überseehandel – übrigens auch für Oberösterreich. 1000 Zugwaggons mit Containern wandern wöchentlich vom Enns-Hafen in die Hansestadt. Firmen wie BMW, KTM, Lenzing, Siemens und voestalpine profitieren von den ausgebauten Bahnverbindungen zwischen den zwei Standorten.
Hamburgs Hafen will bis 2040 klimaneutral sein
Seit mehr als 800 Jahren schlägt das wirtschaftliche Herz der Hansestadt im Hafen. Die Zeit raste an dem einst hölzernen Alsteranleger jedoch nicht spurlos vorbei, wie beim Besuch einer Oberösterreich-Delegation, angeführt von der Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse OÖ, Stefanie Christina Huber, und Vorstandsdirektor Herbert Walzhofer, deutlich wird. Der Kompass zeigt in Richtung Klimaneutralität: Bis 2040 will die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHAL) ihr Ziel erreichen, bis 2030 sollen die CO2-Emissionen im Vergleich zu 2018 halbiert werden.
Umschlaglager für Container funktioniert mit Ökostrom
Eine Hafen-Innovation steht bereits wie ein Leuchtturm an der Spitze - mit dem Terminal Altenwerder erschuf die HHAL das weltweit erste und einzige klimaneutrale Umschlaglager für Container. Sein Betrieb erfolgt überwiegend elektrifiziert mit Ökostrom. „Singapur baut aktuell das teuerste Terminal der Welt - als Vorbild dient unser Altenwerder“, weiß HHAL-Vorstandsmitglied Jens Hansen zu berichten.
Testlieferung von Wasserstoff bereits eingetroffen
Zu Hamburgs wichtigsten Hoffnungsträgern bei der Öko-Wende zählt Wasserstoff. Erst im September traf die erste Testlieferung in Form von Ammoniak am Terminal Altenwerder ein. „Wir gehen davon aus, dass wir künftig nicht mit Öltankern sondern mit Wasserstofftankern über die Weltmeere fahren“, analysiert Projektentwickler Mike Blicker, der am Energie Campus - quasi Hamburgs Silicon Valley für Erneuerbare - forscht. Was der Wissenschaftler jedoch auch klarmacht: Ohne eine Senkung des Primärenergieverbrauch wird es nicht gehen.
Hamburg und Oberösterreich arbeiten zusammen
„Es wird einem bei diesem riesigen Hafen Hamburg bewusst, wie sehr wir als Exportland mit Deutschland zusammenhängen. Wir als Standort Oberösterreich haben wir die gleichen Herausforderungen - noch schneller auf erneuerbare Energien umzustellen, für die Industrie zu sorgen und bei Wasserstoff massiv weiterzukommen“, erklärt Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer nach einer Audienz bei Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann. Mit diesem habe Stelzer vereinbart, bei Clustern für Erneuerbare Energien zusammenzuarbeiten: „Von dieser Partnerschaft erwarte ich mir einiges“, so Stelzer.
Energie sparen durch „Datenminimalismus“
Dass sich Energie sogar an ungewohnten Orten sparen lässt, beweist Versandriese Otto. Das Familienunternehmen verschrieb sich der Nachhaltigkeit – lange bevor es überhaupt Öko-Zertifikate gab. Zur Strategie gehört deshalb auch ein verantwortungsvoller Umgang mit Energie. „Die Speicherung von Daten verbraucht jede Menge Strom. Wir konnten unseren Energieverbrauch um 15 Prozent reduzieren, indem wir Daten minimieren – ohne dadurch an Effizienz zu verlieren,“ erzählt Michael Müller-Wünsch, Bereichsvorstand der Technology Otto.
Bankfiliale auf Reeperbahn erinnert an Kaffeehaus
Neue Wege schlägt auch die Hamburger Sparkasse (Haspa) mit 1,5 Millionen Kunden ein. Sie will zur „digitalen Bank mit den besten Filialen“ werden. 100 Standorte verändern daher ihr Erscheinungsbild – etwa mit Möbeln, die den Charakteren unterschiedlicher Kieze entsprechen.
Wenn der Busfahrer bei uns vorbeikommt, um seine Thermoflasche mit Gratis-Kaffee aufzufüllen, dann schicken wir ihn nicht weg. Dann bekommt er nächstes Mal eine Kaffeekanne mit unserem Logo geschenkt und wird gebeten, allen Menschen zu erzählen, dass es bei der Haspa den besten Kaffee gibt
Christian Schley, Bank-Filialleiter auf der Reeperbahn
Die Glastüren der ungewöhnlichsten Filiale öffnen sich auf der berühmten Fortgehmeile Reeperbahn. Wer einen Fuß in das Gebäude setzt, findet sich in einer Art Kaffeehaus wieder. Die Bank als Nachbarschaftstreff? Warum nicht! „Wenn der Busfahrer bei uns vorbeikommt, um seine Thermoflasche mit Gratis-Kaffee aufzufüllen, dann schicken wir ihn nicht weg. Dann bekommt er nächstes Mal eine Kaffeekanne mit unserem Logo geschenkt und wird gebeten, allen Menschen zu erzählen, dass es bei der Haspa den besten Kaffee gibt“, beschreibt der – bewusst anzuglose – Filialleiter Christian Schley das Konzept.
Wirtschaft will Gesellschaft etwas an Wohlstand zurückgeben
Stefanie Christina Huber, Vorstandsvorsitzende der oö. Sparkasse, betont: „In Hamburg ist der Kreislauf zwischen Wirtschaften und Wohlstand stark zu spüren. Viele eigentümergeführten Unternehmen achten darauf, erfolgreich zu wirtschaften und der Gesellschaft etwas zurückzugeben. So auch die Haspa, die den gleichen Gründungsauftrag hat, wie die Sparkasse.“
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