Täglich macht sich die 82-jährige Annemarie Tribus von ihrem Haus zu Fuß auf den Weg, um Punkt 17 Uhr die berühmte Friedensglocke in Mösern zum Leben zu erwecken. Ob Wind, Regen oder Schnee - die Tirolerin lässt sich nicht von diesem Ehrenamt abhalten.
„Bim, bam, bim, bam.“ Mit ihrem imposanten Klang schickt die größte freistehende Glocke im Alpenraum ihre Friedensbotschaft in die weite Welt hinaus.
Nur manchmal springen mein Sohn oder meine Tochter ein.
Annemarie Tribus
Die rüstige Pensionistin lässt sich mit 82 Jahren auch von Wind, Regen oder Schnee von diesem Ehrenamt nicht abhalten: „Das hat noch niemandem geschadet. Nur manchmal springen mein Sohn oder meine Tochter ein.“
Der Glöckner-Job in Mösern ist nämlich eine Familiensache. Annemarie übernahm vor drei Jahren die Aufgabe von Ehemann Alfred. Mehr als 20 Jahre war das ehemalige Mitglied der freiwilligen Feuerwehr für das Läuten zuständig, nun ist für ihn der rund zehnminütige Gehweg zur Glocke zu beschwerlich.
Nie allein an diesem bekannten Kraftplatz
Annemarie ist praktisch nie allein am bekannten Kraftplatz: „Es gibt nur wenige Tage im Jahr, wo gar niemand da ist.“ Bei freiem Zugang gibt es keine offiziellen Zahlen. Josef Federspiel schätzt als Obmann vom Freundeskreis der Friedensglocke, dass rund 100.000 Menschen jährlich den Platz mit dem atemberaubenden Blick über das Inntal besuchen. „Es kommen Leute aus der ganzen Welt vorbei. Oftmals machen hier auch Busreisende einen kurzen Halt“, erzählt die Glöcknerin.
Heutzutage könnte ein Computer die Glocke auf die Tausendstelsekunde genau in Bewegung setzen. Annemarie ist aber in Zeiten von Instagram zugleich auch die Sicherheitsperson vor Ort: „Immer wieder turnen Kinder herum, viele stellen sich für ein Erinnerungsfoto unter die Glocke.“
Jubiläumsfeier wurde wegen Umzug verschoben
Die von Architekt Hubert Prachensky zum 25-jährigen Bestehen der ARGE Alp entworfene Anlage feierte kürzlich ihren 25. Geburtstag. Am 12. Oktober 1997 wurde die Glocke das erste Mal vom damaligen Südtiroler Landeshauptmann Silvius Magnago geläutet. Eine schon geplante Jubiläumsfeier wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Das Wahrzeichen muss bis zum Stichtag 25. Juni 2023 an einen neuen Standort übersiedeln. Die Grundeigentümerin will die Flächen wieder selbst nützen.
Ein neuer Platz scheint am nordwestlichen Ortsende mit einem vergleichbaren Panorama bereits gefunden. Schon Albrecht Dürer war auf seiner ersten Italienreise 1494 vom Blick so begeistert, dass er ihn in Zeichnungen und Skizzen festhielt.
Laut den Plänen soll der Zugang zur Glocke kürzer und barrierefrei sein. Annemarie freut sich schon auf den Umzug: „Derzeit bleibt zahlreichen Menschen oft nur der Blick von der Straße, der jetzige Weg ist für Gebrechliche oder Behinderte einfach zu schwierig.“ Neu wird nicht nur der Standort sein. Die über zehn Tonnen schwere Glocke muss wegen eines Risses eingeschmolzen und neu gegossen werden.
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