Das 9000 Jahre alte Grab einer Schamanin in Sachsen-Anhalt gab bisher viele Rätsel auf. Nun sind einem Team von Fachleuten neue Erkenntnisse dazu gelungen. „Das Grab der Schamanin ist ein Schlüsselfund, der tiefe Einblicke in die Anfänge von Spiritualität und Religion gewährt und zeigt, welche zentrale Rolle Frauen in der Vorgeschichte spielten“, sagt Landesarchäologe Harald Meller, der das Projekt koordiniert.
„Dank detektivischer Arbeit vieler Wissenschaftler können wir das Schicksal und Aussehen einer einzigartigen Frau rekonstruieren.“ Die Ergebnisse präsentiert er in dem gemeinsam mit dem Historiker Kai Michel geschriebenen Buch „Das Rätsel der Schamanin. Eine Reise zu unseren archäologischen Anfängen“, das am 18. Oktober bei Rowohlt erscheint.
Grab wurde 1934 zufällig entdeckt
Das Grab in Bad Dürrenberg (Saalekreis) wurde 1934 zufällig bei Kanalarbeiten entdeckt. Die Frau wurde etwa 30 bis 35 Jahre alt. In ihren Armen hielt sie einen Säugling. Ein Kopfschmuck aus Rehgeweih und zahlreichen Tierzähnen wird als Teil einer schamanischen Tracht gedeutet.
Knochen bei Nachgrabungen 2019 gefunden
Bei den Nachgrabungen 2019 fanden sich Knochen, die es ermöglichten, die Identität des Kindes festzustellen. „Dank des Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig wissen wir nun, es handelte sich um einen Jungen“, sagt Meller. „Er war aber nicht ihr Sohn.“ Der Fall sei ein eindrucksvolles Beispiel, was die Archäogenetik heute leisten kann. „Deren Begründer Svante Pääbo hat völlig zu Recht jetzt den Nobelpreis für Medizin erhalten“, sagt der Landesarchäologe.
Die Schamanin war eine spirituelle Spezialistin, die den Kontakt zu den Geistern pflegte, um Menschen zu helfen und andere zu heilen.
Historiker Kai Michel
Dichte Urwälder
Die Schamanin entstammt einer Zeit, als nach der Eiszeit dichte Urwälder Europa überzogen. „Die klimatisch radikal veränderte Lebenswelt stellte die Menschen vor enorme Herausforderungen“, erklärt Michel. „Die Schamanin war eine spirituelle Spezialistin, die den Kontakt zu den Geistern pflegte, um Menschen zu helfen und andere zu heilen.“ Sie sei so erfolgreich gewesen, dass die Menschen von weit her zu ihr pilgerten.
Bestattet wurde sie in einem Grab mit achteckigem Grundriss. „Das ist außergewöhnlich. Überhaupt ist es das reichste Grab ihrer Zeit“, sagt der Landesarchäologe. „Wir können belegen, dass es noch Jahrhunderte später besucht wurde.“
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