Für viel Wirbel haben Forscher der Boston-Universität mit ihren jüngsten Untersuchungen zum Coronavirus gesorgt. Durch die Kombination des Spike-Proteins der Omikron-Variante mit dem Ursprungs-Stamm aus Wuhan haben sie eine neue Variante kreiert, die für 80 Prozent der infizierten Labormäuse in den Tod führte. Die Omikron-Variante im Unterschied dazu verursachte bei den Tieren lediglich milde Verläufe. Mehrere Virologen weltweit zeigten sich entrüstet und sprachen von einem „Spiel mit dem Feuer“.
Shmuel Shapira, ehemaliger Direktor des Israelischen Instituts für biologische Forschung, meinte auf Twitter, dass solche Versuche „verboten gehören“. Richard Ebright, Molekularbiologe an der Rutgers-Universtität im kanadischen New Brunswick, meinte gegenüber der Online-Ausgabe der „Daily Mail“, dass es sich bei den Versuchen in Boston eindeutig um sogenannte Gain-of-Function-Versuche gehandelt habe. Dabei geht es um eine künstliche Verstärkung eines Erregers zu Forschungszwecken.
Der britische Mikrobiologe David Livermore übte im Gespräch mit der „Daily Mail“ ebenfalls Kritik an den US-Kollegen: „Ausgehend von der These, dass das Virus in Wuhan im Labor verstärkt und dann von dort entwichen sein dürfte, sind solche Forschungsarbeiten nicht schlau.“
Zoonose oder Laborunfall?
Schon früh nach Beginn der Pandemie war die Theorie aufgetaucht, das Coronavirus könnte aus dem Labor im chinesischen Wuhan entwichen sein. Der frühere US-Präsident Donald Trump und seine Anhänger machten dies China zum Vorwurf, manche meinten sogar, das Virus sei womöglich absichtlich freigesetzt worden. Ein Team internationaler Experten im Auftrag der WHO hatte Wuhan im Jänner 2021 besuchen können - mehr als ein Jahr nach Entdeckung des Virus. Die zusammengetragenen Informationen der Experten lieferten aber keine klaren Ergebnisse.
Ein Großteil der Experten weltweit geht davon aus, dass das Virus von Fledermäusen ausgehend über einen noch unbekannten Zwischenwirt - etwa Marderhunde in Pelztierfarmen - auf den Menschen übertragen wurde.
Forscher: Neue Variante bei Menschen weniger gefährlich
Bei den aktuellen Versuchen in Boston ging es um die Analyse des Spike-Proteins, das vor allem bestimmt, wie ansteckend die Mutation ist, und anderer Proteine. Laut einer Presseaussendung der Universität sollen die Experimente helfen, „künftige Pandemien besser bekämpfen zu können“. Auch die Vorwürfe, man würde mit dem Feuer spielen und einen Unfall mit den Virenstämmen riskieren, wurden zurückgewiesen. „Das war kein Gain-of-Function-Experiment, denn die Ursprungsvariante endete für die Versuchstiere in 100 Prozent der Fälle tödlich. Tatsächlich wurde dieser Stamm dadurch weniger gefährlich“, hieß es.
Die Studie ist übrigens noch nicht einem Peer-Review durch unabhängige Forscher unterzogen worden. Die US-Experten versuchten aber auch zu beruhigen und betonten, die neue Züchtung sei bei Menschen mit Sicherheit nicht so tödlich wie bei Nagetieren.
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