Die erste Reaktion

Kurz: „Schmid hat Menschen wiederholt belogen“

Politik
19.10.2022 10:54

Das war zu erwarten: Sebastian Kurz schießt sich in einem ersten Statement zu den heftigen Vorwürfen von Thomas Schmid bereits voll auf dessen Glaubwürdigkeit ein. Diese sei zu hinterfragen, stellte der Ex-Kanzler auf Facebook fest. Kurz‘ Anwalt hatte sich bereits ähnlich geäußert.

Zu 15 Themen war Schmid von der Staatsanwaltschaft befragt worden. Sechs neue Themen hat er angesprochen. Liest man die Einvernahmeprotokolle, so klingt es, als ob jemand den Kronzeugenstatus erlangen will - was, wie berichtet, auch der Fall ist. Eine Zusammenfassung der bisher bekannten Vorwürfe lesen Sie hier, zuletzt war gar bekannt geworden, dass Kurz als Minister auch eine Gehaltserhöhung für seine Lebensgefährtin eingefordert haben soll.

Der Ex-Kanzler geht nun selbst in die Offensive und reitet eine Frontalattacke gegen seinen ehemaligen Weggefährten. Einmal mehr bekrittelt Kurz, dass „Verfahren in Österreich nicht nur bei Gericht, sondern auch medial geführt werden“, und unterstellt Schmid bzw. auch der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, diese Gegebenheit auszunutzen.

Im Ermittlungsverfahren der WKStA habe es „rein gar nichts“ gegeben, das die Vorwürfe gegen ihn bestätigen hätte können. Nun bleibe eben nur noch ein Kronzeuge ...

Der frühere Finanz-Generalsekretär Thomas Schmid strebt den Kronzeugenstatus an. (Bild: Trend Wolfgang Wolak/Verlagsgruppe News/picturedesk.com)
Der frühere Finanz-Generalsekretär Thomas Schmid strebt den Kronzeugenstatus an.

Was Kurz dabei besonders verdächtig erscheint: „Obwohl von Thomas Schmid bekanntlich jeder Lebensbereich in Chatnachrichten voll dokumentiert ist, sind interessanterweise genau zu diesen Anschuldigungen, die er jetzt gegen mich erhebt, keine einzigen zu finden.“ Schmid habe Menschen wiederholt belogen - was er im Protokoll ja sogar selbst zugegeben habe, betont Kurz.

Das Facebook-Posting von Ex-Kanzler Kurz im Wortlaut

„Nachdem Verfahren in Österreich nicht nur bei Gericht, sondern auch medial geführt werden, möchte ich mich nun auch öffentlich dazu äußern: Für mich persönlich sind die Aussagen von Thomas Schmid keine Überraschung. Er versucht den Kronzeugen-Status zu erlangen, indem er Anschuldigungen gegen andere, unter anderem gegen mich, erhebt, um selber straffrei auszugehen. Diese Aussagen sind für die WKStA sehr willkommen, da es nach einem Jahr Ermittlungsverfahren rein gar nichts gab, das die Vorwürfe gegen mich bestätigt hätte. Obwohl von Thomas Schmid bekanntlich jeder Lebensbereich in Chatnachrichten voll dokumentiert ist, sind interessanterweise genau zu diesen Anschuldigungen, die er jetzt gegen mich erhebt, keine einzigen zu finden. Jeder hat das Recht, seine Aussage zu tätigen, aber es sollte schon hinterfragt werden, welche Glaubwürdigkeit Aussagen haben, die in Wahrheit kein echtes Schuldeingeständnis sind, sondern das Ziel haben, für das eigene Fehlverhalten nicht bestraft zu werden, indem man andere beschuldigt. Thomas Schmid sagt in seinen jetzigen Aussagen selbst, dass er in seinen Chats Menschen wiederholt belogen hat und er jedem oft das erzählt hat, was er hören wollte. Am Ende wird sich herausstellen, dass das auch in diesem Fall zutrifft. Der Vorwurf, dass ich mit einer mir unbekannten Meinungsforscherin, die ich noch nie im Leben getroffen habe und die selbst angegeben hat, mich persönlich nicht zu kennen, eine Straftat begangen haben soll, ist aus vielen Gründen absurd. Auch wird immer wieder behauptet, ich hätte auf das Budget des Finanzministeriums zugegriffen, weil ich keine anderen finanziellen Mittel für Meinungsforschung gehabt hätte. Dazu möchte ich festhalten, dass ich im Jahr 2017 nicht nur als Außenminister ein Budget von über 500 Mio. Euro verantwortet habe, sondern auch als Obmann der Jungen ÖVP hunderttausende Euro und als Präsident der Politischen Akademie über zwei Mio. Euro und ab Mitte Mai 2017 als Obmann der ÖVP eine Parteienförderung von mehr als sieben Mio. Euro für das Jahr 2017 zur Verfügung hatte. Was hätte es daher für mich für einen Sinn gemacht, einige zehntausend Euro pro Jahr im Finanzministerium zu veruntreuen? Ich freue mich darauf, zu beweisen, dass diese Anschuldigungen falsch sind, und zwar dort, wo in Österreich wirklich über Recht und Unrecht entschieden wird. Nämlich vor Gericht.“

Kurz über Kirche angelogen
Tatsächlich hatte Schmid in seiner Aussage unter anderem erklärt, dass er Kurz angelogen habe, als es um eine Intervention bei der katholischen Kirche ging. Kurz soll Schmid damals beauftragt haben, Druck auf die Kirche auszuüben, weil diese die Asylpolitik des Kabinetts Kurz I kritisiert hatte. Schmid machte aber offenbar einen Rückzieher - er sagte Kurz dennoch, dass es ein Gespräch gegeben habe und der Vertreter der Bischofskonferenz „nicht gut schlafen“ werde. Wohl, um Kurz nicht zu verärgern.

Die gut 500 Seiten des Protokolls lesen sich mitunter abenteuerlich, von möglichen Abhörwanzen ist etwa die Rede, außerdem behauptete Schmid, dass er durch seine Mutter einen Geisteswandel durchgemacht habe und nun den Neustart wolle. Getäuscht hatte er dazu sogar den eigenen Anwalt.

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