Dass während einer Schwangerschaft körperliche und psychische Beschwerden bei den werdenden Müttern auftreten können, ist weitgehend bekannt. Doch auch der Partner kann typische Symptome von Erbrechen bis hin zum Bauchwachstum entwickeln. Eine Fachärztin für Psychiatrie zeigt die Hintergründe des sogenannten „Couvade-Syndroms“ auf und gibt Tipps für Betroffene.
Eine Schwangerschaft kann nicht nur bei der Frau, sondern auch beim angehenden Vater ihre Spuren hinterlassen. Rückenschmerzen, Verspannungen, Übelkeit oder Sodbrennen sind nur einige Beispiele dafür. Auch auf psychischer Ebene macht sich die „Co-Schwangerschaft“ mit nächtlichen Heißhunger-Attacken, Schlafstörungen, Ängsten sowie depressiven Verstimmungen bemerkbar. Die Rede ist dann vom sogenannten Couvade-Syndrom, das im Grunde bei jedem auftreten kann. „Betroffene Männer entwickeln für eine Schwangerschaft charakteristische Symptome, die denen der Partnerin stark ähneln können“, weis Univ.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Eva Reininghaus, MBA, MedUni Graz.
Betroffene Männer entwickeln für eine Schwangerschaft charakteristische Symptome, die denen der Partnerin stark ähneln können.
Univ.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Eva Reininghaus, MBA, MedUni Graz
Da die Leidenden die Beschwerden dem Syndrom oft nicht zuordnen können oder einfach hinnehmen, sind konkrete Zahlen über die Verbreitung schwer ermittelbar. Im Schnitt dürfte jedoch jeder fünfte Vater eine entsprechende Symptomatik aufweisen. „Es gibt in der Literatur Hinweise darauf, dass eher empathische und einfühlsame Männer betroffen sind“, merkt die Psychiaterin an.
Grund zur Sorge besteht in der Regel aber nicht, wie Prof. Reininghaus bekräftigt: „Es handelt sich dabei um keine psychische Erkrankung per se. In einigen Kulturen gilt es vielmehr als Ritual zur Vorbereitung und Einstimmung auf das Kind.“ Der Partner habe so die Möglichkeit, sich umfangreicher mit dem Ungeboren auseinanderzusetzen und von Beginn an eine intensivere Beziehung aufzubauen. Daher auch die Bezeichnung als Couvade-Syndrom, welches sich ans französische Wort „couver“ anlehnt und als „bemuttern“ oder „ausbrüten“ verstehen lässt.
Die Ursache für die Entstehung des Phänomens dürften hormonelle Veränderungen beim Mann sein. Während etwa das männliche Geschlechtshormon Testosteron sinkt, nehmen andere Botenstoffe wie beispielsweise Prolaktin oder Cortisol zu. Letzteres ist auch als Stresshormon bekannt und fördert im Falle einer Elternschaft das Mitgefühl der Eltern, etwa wenn das Neugeborene Schreien sollte. Eine ähnliche Wirkung scheint ein höherer Prolaktin-Spiegel zu haben. Förderlich für die Bindung zum Nachwuchs ist dahingehend die Zunahme des weiblichen Sexualhormons Östradiol.
Eine nicht unwesentliche Rolle scheint die psychische Komponente, allen voran die Emotionen, zu spielen: „Prinzipiell handelt es beim Couvade-Syndrom um eine hormonell getriggerte, zeitlich begrenzte Angelegenheit. Jedoch hängen Körper und Psyche sehr eng zusammen, die Einstellung zur Schwangerschaft und die damit verbundenen Emotionen können ebenfalls einen Einfluss auf die Hormonausschüttung nehmen“, so Prof. Reininghaus.
Sollten die veränderten Lebensumstände zunehmend als Belastung empfunden werden, so kann der Austausch mit Angehörigen oder Freunden Abhilfe schaffen. Prof. Reininghaus: „Es ist wichtig, die Thematik anzusprechen und sich den damit verbundenen Veränderungen bewusst zu werden.“ Ergänzend kann auch der Hausarzt aufgesucht werden, der Betroffene berät und unterstützt. Erst bei massiven Schlafstörungen, dauerhaften Angstzuständen oder einer Depression wäre professionelle psychiatrische Hilfe angebracht.
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