Eklat beim Parteitag

Ex-Präsident gegen Willen vom Podium geführt

Ausland
22.10.2022 09:42

Zum Abschluss des Kongresses der Kommunistischen Partei Chinas ist es am Samstag zu einem Zwischenfall um den früheren Parteichef Hu Jintao gekommen. Der 79-Jährige wurde von zwei Saalordnern offensichtlich gegen seine Willen von seinem Platz neben Staats- und Parteichef Xi Jinping vom Podium geführt, wie auf Videos zu sehen war. 

Während der Abschlusssitzung waren kurz vorher internationale Journalisten auf die Tribüne in der Großen Halle des Volkes gelassen worden. Der ungewöhnliche Vorgang erfolgte kurz vor den Abstimmungen über die Änderung der Verfassung, mit denen die Leitideen und Führungsrolle von Xi Jinping noch weiter verankert wurden.

Kein Fan des Parteichefs
Der gebrechlich wirkende Hu Jintao gilt nicht unbedingt als Unterstützer des heutigen Parteichefs. Er zählt zum Lager der kommunistischen Jugendliga in der Partei, das von Xi Jinping geschwächt worden war.

Was hinter dem Vorfall mit Ex-Präsident Hu Jintao steckte, blieb unklar. Sein politisches Lager zählt zu jenen Teilen der Partei, die von Xi Jinping geschwächt worden waren. Hu Jintao hatte das Amt des Generalsekretärs nach zwei Amtszeiten 2012 an Xi Jinping übergeben. Er steht für das alte „kollektive“ Führungsmodell mit Vertretern verschiedener Fraktionen und mit Altersbegrenzungen. Damit sollte verhindert werden, dass kein Führer wieder so mächtig wird wie der Staatsgründer und Revolutionär Mao Tsetung, der Chaos über das Land gebracht hatte. Geschichte sollte sich nicht wiederholen können.

Über Altersgrenze hinweggesetzt
Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hat auf dem Kongress der Kommunistischen Partei in Peking seine Macht noch weiter ausgebaut. Zum Abschluss des alle fünf Jahre stattfindenden Parteitages verankerten die 2.300 Delegierten am Samstag in Peking seine Ideologie und dauerhafte Führungsrolle noch tiefer in der Parteiverfassung. Der 69-Jährige will am Sonntag eine dritte Amtszeit als Generalsekretär antreten und sich damit über die bisherigen Altersbegrenzungen hinwegsetzen.

Die Delegierten sprachen sich für die Aufnahme mehrerer theoretischer Konzepte in die Verfassung auf. Darunter sind die „Zwei Etablierungen“ (Liang ge queli), mit denen die Machtposition von Xi Jinping als Kern der Partei und die „Ideen Xi Jinpings für den Sozialismus chinesischer Prägung in einer neuen Ära“ als Leitlinie festgeschrieben werden. Auch sollen die „Vier Bewusstseinsbereiche“ (Si ge yishi) ergänzt werden. Sie fordern Loyalität, politische Integrität, die Unterstützung der Führung und ein Einhalten der Parteilinie.

Pflichtprogramm werden auch die „Vier Selbstvertrauen“ (Si ge zixin), die sich auf den Kurs der Partei, die Parteitheorien, den Sozialismus chinesischer Prägung und die chinesische Kultur beziehen. Schließlich wurde auch die Forderung der „Zwei Erhaltungen“ (Liang ge weihu) ergänzt, die die Schlüsselposition von Xi Jinping und die Autorität und zentralistische, einheitliche Führung der Partei betreffen.

Xi sein eigener Nachfolger
„Die wichtigste politische Neuerung dieses Parteitags ist nicht auf dem Papier zu finden: Anstatt nach zwei Amtszeiten als Generalsekretär für einen jüngeren Nachfolger Platz zu machen, stellt sich Xi Jinping als sein eigener Nachfolger auf“, sagte Katja Drinhausen vom China-Institut Merics in Berlin. In seinem ersten Jahrzehnt im Amt habe Xi Jinping „große Ambitionen“ für China und die Kommunistische Partei formuliert. „Er hat diese nun untermauert und den Weg dafür bereitet, sie Wirklichkeit werden zu lassen.“

Das neu besetzte Zentralkomitee soll am Sonntag zu seiner ersten Plenarsitzung zusammenkommen, um die Umbildung des Politbüros und seines mächtigen Ständigen Ausschusses zu bestätigen. Dabei soll Xi Jinping als Generalsekretär und Chef der Militärkommission für eine ungewöhnliche dritte Amtszeit bestätigt werden. „Er könnte feststellen, dass seine dritte Amtszeit an der Macht die bisher schwerste ist“, sagte Richard McGregor vom australischen Lowy-Institut. Ein potenzieller Nachfolger werde nicht aufgebaut.

Doch habe Xi Jinping diese Institutionalisierung abgeschafft und ein personalisiertes System geschaffen, indem ihm kein anderer zu nahe kommen könne, stellte der bekannte US-Politikwissenschafter Francis Fukuyama in „The Atlantic“ fest. „Die Konzentration der Autorität durch eine Person hat zu schlechten Entscheidungsprozessen geführt.“ Er nannte unter anderem Xi Jinpings misslungene Interventionen in der Wirtschaft und im Tech-Sektor sowie dessen Festhalten an der strikten Null-Covid-Strategie, die mit Lockdowns zu einer schweren Belastung für die Wirtschaft geworden ist.

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