Damit die Flüchtlings-Zelte in St. Georgen im Attergau wieder abgebaut werden können, müssen Gemeinden zusätzliche Quartiere zur Verfügung stellen. Doch wo sollen die Menschen untergebracht werden? Die Schuldfrage geht im Kreis.
Seit einer Woche stehen 17 Zelte zur Flüchtlingsunterbringung auf dem Gelände der Erstaufnahmestelle Thalham in St. Georgen im Attergau. Seither herrscht ein munteres gegenseitiges Schuldzuschieben am erneuten Asylschlamassel: Die Gemeinden stellen nicht genügend Quartiere zur Verfügung, klagt man beim Land OÖ. Das Land erfülle die vereinbarte Unterbringungsquote nicht, moniert der Bund. Der Bund fahre über sie drüber, protestieren die Gemeinden. Und von allen Seiten hört man: Die Hauptschuld liege bei der EU. Das Schlimme daran ist: Alle haben in gewisser Weise recht, weshalb es so schnell keine Lösung für das Dilemma geben wird.
Zu viele illegale Migranten
Ein Blick auf die Fakten: Bis Ende Juli wurden heuer in Österreich rund 41.900 Asylanträge gestellt. Hochgerechnet auf das Gesamtjahr könnten es laut Experten etwa 71.800 Anträge werden. Die bisherige Höchstzahl lag im Jahr 2015 bei 88.340 Anträgen. Für Integrationslandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) steht fest: „Derzeit kommen einfach zu viele illegale Migranten ins Land.“ Tatsächlich war Österreich zwischen Juni 2021 und Mai 2022 - gemessen an der Bevölkerungszahl - das am zweitstärksten von Migration betroffene EU-Land. Laut Eurostat gab es hier in diesem Zeitraum 5679 Asylanträge pro einer Million Einwohner. Nur Zypern hat mit gut 21.100 noch deutlich mehr, in Deutschland sind es 2068, der EU-Schnitt liegt bei 1511.
Ein Viertlel in Oberösterreich
Oberösterreich übernehme bei der Unterbringung der Flüchtlinge einen Löwenanteil, behauptet Hattmannsdorfer und legt dafür „nackte Zahlen“ vor: Mehr als ein Viertel der heuer österreichweit überstellten Asylwerber seien in der Grundversorgung in Oberösterreich gelandet. Dennoch, und das sind ebenfalls nackte Zahlen, erfüllt das Land die mit dem Bund vereinbarte Unterbringungsquote laut Innenministerium nur zu 76 Prozent. Diese Zahl sei „nicht aussagekräftig“, entgegnet Hattmannsdorfer, weil da auch die ukrainischen Vertriebenen miteingerechnet seien. Bei „reiner Betrachtung der Asylwerber“ liege die Quote in OÖ bei 91,5 Prozent. „Es fehlen ca. 500 Plätze.“
Wir haben heuer schon 800 zusätzliche Plätze für Asylwerber geschaffen, jetzt appelliere ich an die Gemeinden, weitere Quartiere zur Verfügung zu stellen.
Integrations-Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP)
Und hier sei man auf die Gemeinden angewiesen. „Wir haben heuer schon 800 zusätzliche Plätze für Asylwerber geschaffen, jetzt appelliere ich an die Gemeinden, weitere Quartiere zur Verfügung zu stellen“, sagt der Landesrat. Derzeit seien in 103 oö. Kommunen Asylwerber in der Landesgrundversorgung untergebracht. Dass das nicht ausreicht, will das Ministerium nun offenbar auch mit den Zelten signalisieren. Hattmannsdorfer: „Wir brauchen die Solidarität aller.“
335 Gemeinden sind säumig
In 103 Gemeinden Oberösterreichs sind aktuell Asylwerber in der Landesversorgung untergebracht. Heißt: 335 Gemeinden leisten keinen Beitrag. Bürgermeister machen einen Aufstand, sobald ein Flüchtlingsheim auch nur angedacht wird - zuletzt in den Bezirken Schärding und Freistadt. Wir reden hier nicht von Massenquartieren: In den Asylheimen sind hierzulande im Schnitt 25 Personen untergebracht. Wenn die 335 säumigen Gemeinden nur je einen Bruchteil aufnehmen würde, wäre das unwürdige Schauspiel mit den Zelten im Handumdrehen vorbei
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