Rennen um Premier-Amt
Johnson hat genug Unterstützer für Kandidatur
Will der britische Ex-Regierungschef Boris Johnson zurück ins Amt? Noch hat er sich nicht klar deklariert, aber Medienberichten zufolge hat er bereits die nötige Zahl von 100 Abgeordneten seiner Konservativen Partei, die ihn unterstützen, erreicht. Auch Ex-Finanzminister Rishi Sunak hat diese Hürde bereits überwunden.
Die „Sunday Times“, die BBC und Sky News berichteten von 100 Johnson-Unterstützern und beriefen sich auf eine ungenannte Quelle aus Johnsons Umfeld. Johnson kehrte am Samstag nach einem zehnstündigen Flug aus einem Karibik-Urlaub nach London zurück.
Die Zeit drängt
Zuvor hatte eine Politik-Redakteurin des „Guardian“ auf Twitter geschrieben, Sunak habe die Schwelle von 100 Stimmen erreicht. Sie berief sich auf nicht näher bezeichnete Quellen. Damit können Johnson und Sunak an einer für Montagnachmittag geplanten ersten Abstimmungsrunde der Tories teilnehmen. Als weitere mögliche Bewerberin gilt die frühere Verteidigungsministerin Penny Mordaunt. Die Chefin des Unterhauses im Parlament ist die einzige der drei, die bisher ihre Kandidatur offiziell erklärt hat. Eine Entscheidung soll bis Freitag fallen.
Die Bewerber müssen bis Montag die Unterstützung von mindestens 100 der 357 Tory-Abgeordneten vorweisen. Das bedeutet, dass höchstens drei von tatsächlich kandidieren können. Danach müssen sich die Abgeordneten entweder auf zwei Kandidaten einigen, über welche die Parteimitglieder bis kommenden Freitag abstimmen, oder sie bestimmen direkt einen Kandidaten, der in die Downing Street einzieht.
„Es ist mir eine Ehre, der 100. Tory-Abgeordnete zu sein, der ‘#Ready4Rishi‘ (Bereit für Rishi) unterstützt“, schrieb der konservative Abgeordnete Tobias Ellwood auf Twitter. Sunak galt als aussichtsreichster Kandidat - nicht zuletzt, weil er die katastrophalen Konsequenzen von Truss‘ Wirtschaftsplänen, die sie schließlich zu Fall brachten, vorausgesagt hatte. Auch Johnsons früherer Vizepremier Dominic Raab erklärte den Ex-Finanzminister im Sender „Sky News“ zum „herausragenden Kandidaten“. Vielen Anhängern des Ex-Regierungschefs gilt Sunak wegen seiner Rolle bei dessen Rücktritt jedoch als „Königsmörder“.
In der Regierung wuchs zuletzt die Unterstützung für den vor wenigen Monaten wegen diverser Skandale als Premierminister zurückgetretenen Johnson. Verteidigungsminister Ben Wallace sagte am Freitag: „Im Moment tendiere ich zu Boris Johnson.“ Er verwies darauf, dass Johnson die konservativen Tories 2019 zu einem klaren Wahlsieg geführt habe. Allerdings habe Johnson noch „einige Fragen zu beantworten“, fügte Wallace mit Blick auf seine zahlreichen Skandale hinzu.
„Boris oder Nichts“
Auch Energie- und Wirtschaftsminister Jacob Rees-Mogg sprach sich für Johnson als Partei- und Regierungschef aus. Er schrieb im Kurzbotschaftendienst Twitter die Losung „#BorisorBust“ (Boris oder Nichts). Nur Johnson könne die nächste Parlamentswahl gewinnen. Auch Kabinettsmitglied Simon Clarke sprach sich für Johnson aus.
James Duddridge, einer der engsten Verbündeten Johnsons im Parlament, erklärte am Freitagabend, er habe mit seinem alten Chef über WhatsApp Kontakt gehabt. Johnson habe geschrieben: „Wir werden das tun. Ich bin dabei“, so der Abgeordnete gegenüber „Sky News“. Medienberichten zufolge wollen die Unterstützer von Sunak und Johnson jetzt sondieren, ob es Spielraum für eine einvernehmliche Lösung geben könnte.
Mehrheit gegen Johnson
Laut einer neuen YouGov-Umfrage sind 52 Prozent der britischen Wähler dagegen, dass Johnson an die Macht zurückkehrt. Johnson war Anfang Juli nach einer parteiinternen Revolte gegen ihn wegen seiner viel kritisierten Amtsführung während seiner drei Jahre als Parteichef und damit später auch als Premierminister zurückgetreten. Truss wurde von den Parteimitgliedern zur neuen Vorsitzenden gewählt und wurde damit automatisch auch Regierungschefin.
Nach nur sechs Wochen im Amt verkündete Truss angesichts massiven Drucks auch aus der eigenen Partei am Donnerstag ihren Rücktritt. Grund waren massive Fehler in der Finanz- und Steuerpolitik, die zu heftigen Turbulenzen an den Finanzmärkten geführt hatten.
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