Debatte neu entflammt
Erdogan will Volksabstimmung über das Kopftuch
Im Vorfeld der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen, die nächstes Jahr anstehen, ist in der Türkei die Kopftuch-Debatte neu entflammt. Der Chef der säkularen Partei CHP hat vor kurzem ein Gesetz zur Garantie des Rechts auf das Kopftuchtragen vorgeschlagen. Staatsoberhaupt Recep Tayyip Erdogan ging daraufhin noch einen Schritt weiter und schlug ein Referendum über eine Verfassungsänderung vor. Sie soll das Recht von Frauen auf das Kopftuchtragen in staatlichen Institutionen, Schulen und Universitäten garantieren.
„Wenn Sie den Mut haben, lassen Sie uns die Frage einem Referendum unterziehen“, sagte Erdogan am Samstag bei einem Fernsehauftritt. Der Präsident reagierte damit auf die Äußerungen des Oppositionsführers Kemal Kilicdaroglu von der CHP. Kilicdaroglu hatte mit seinem Vorstoß Bedenken entkräften wollen, dass seine Partei bei einem Wahlsieg wieder ein Kopftuchverbot einführen könnte. „Wir haben in der Vergangenheit Fehler hinsichtlich des Kopftuchs gemacht“, räumte Kilicdaroglu ein.
AKP hob Kopftuch-Verbot auf
Die Bevölkerung der Türkei ist mehrheitlich muslimisch, doch in der Verfassung ist die Trennung von Religion und Staat verankert. Erdogans islamisch-konservative Partei AKP hatte allerdings das lange geltende Verbot des Tragens des islamischen Kopftuchs in staatlichen Einrichtungen im Jahr 2013 abgeschafft.
Erdogan nennt die Aufhebung des Kopftuch-Verbots immer wieder als Beispiel dafür, wie seine Partei gläubige Muslime gegen säkuläre Parteien verteidige. Anders als etwa in den 1990er Jahren setzt sich aber heute keine Partei in der Türkei mehr für ein Kopftuch-Verbot ein.
Verfassungsänderung angestrebt
Erdogan schlug nun vor, dass die Verfassungsänderung zum Recht auf das Kopftuch „bald“ dem Parlament vorgelegt werden solle. Um eine solche Änderung ohne ein Referendum durchzubringen, bräuchte es eine Mehrheit von 400 Abgeordneten - das heißt, die CHP müsste zustimmen.
Andernfalls könnte der Reformvorschlag mit 360 Stimmen den Bürgern zum Votum vorgelegt werden. „Wenn dieses Problem nicht im Parlament gelöst werden kann, werden wir es dem Volk vorlegen“, sagte Erdogan.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.