Russische Behauptung
Westliche Atommächte: Keine „schmutzige Bombe“
Die westlichen Atommächte Frankreich, Großbritannien und die USA haben Russlands Behauptung zurückgewiesen, die Ukraine wolle auf ihrem eigenen Gebiet eine nuklear verseuchte Bombe zünden. Die Behauptung über eine sogenannte „schmutzige Bombe“ sei eindeutig falsch, hieß es in einem gemeinsamen Statement der Außenminister der Länder vom frühen Montagmorgen. „Die Welt würde jeden Versuch durchschauen, diese Behauptung als Vorwand für Eskalation zu nutzen.“ US-Außenminister Antony Blinken hatte bereits am Sonntagabend via Twitter gesagt, dass die russischen Vorwürfe falsch seien. Er habe darüber mit seinem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba gesprochen und ihm die weitere Unterstützung der USA zugesagt.
Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu hatte zuvor nach Angaben seines Ministeriums gegenüber den europäischen Atommächten Großbritannien und Frankreich behauptet, Kiew plane zur Diskreditierung Moskaus die Zündung einer radioaktiven Bombe. Auch der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar bekam demnach einen Anruf Schoigus.
„Vorwand für weitere Eskalation“
Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace sagte nach seinem Telefonat mit Schoigu, er habe die Behauptungen zurückgewiesen und gemahnt, solche Vorwürfe sollten nicht als Vorwand für eine weitere Eskalation genutzt werden. Außerdem habe er den Wunsch nach einer Deeskalation betont.
Am Montag sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge erneut, dass Kiew Moskau mit der Zündung einer „schmutzigen Bombe“ diskreditieren wolle: „Die Gefahr liegt auf der Hand.“ Darauf angesprochen, dass die USA, Großbritannien und Frankreich die Vorwürfe in Zweifel ziehen, erklärte er: „Ihr Misstrauen gegenüber der Information, die ihnen von russischer Seite gegeben wurde, bedeutet nicht, dass die Gefahr des Einsatzes einer “schmutzigen Bombe„ aufhört zu bestehen.“
Lawrow will UNO anrufen
Außenminister Sergej Lawrow will den Fall unterdessen vor die Vereinten Nationen (UNO) bringen. Der russische Chefdiplomat erklärte, es gebe „konkrete Informationen zu den Instituten in der Ukraine, die über entsprechende Technologien verfügen, solch eine schmutzige Bombe zu bauen“. Die westliche Reaktion sei angesichts der bedingungslosen Unterstützung für Kiew erwartbar gewesen, sagte Lawrow. In der UNO hoffe er allerdings auf eine „professionelle Erörterung“ des Themas.
Als „schmutzige Bombe“ werden konventionelle Sprengsätze bezeichnet, die auch radioaktives Material verstreuen. Die Ukraine hat nach dem Zerfall der Sowjetunion ihre Atomwaffen abgegeben. „Die russischen Lügen über angebliche Pläne der Ukraine, eine schmutzige Bombe zu nutzen, sind so absurd wie sie gefährlich sind“, reagierte Außenminister Kuleba auf Twitter. Die Ukraine stehe treu zum Atomwaffensperrvertrag. „Die Russen beschuldigen andere oft dessen, was sie selber planen“, warnte Kuleba in Kiew.
Bei einer „dirty bomb“ handle es sich „um keine Massenvernichtungswaffe im klassischen Sinne, sondern viel eher um eine Massenverunsicherungswaffe, bei der der psychologische Effekt jedenfalls den radiologischen übersteigt“, sagt dazu Oberst Berthold Sandtner, Referatsleiter Führungslehre und Forscher am Institut für höhere militärische Führung an der Landesverteidigungsakademie des Bundesministeriums für Landesverteidigung in Wien.
Frankreich, Großbritannien und die USA versicherten in ihrem Schreiben, der Ukraine weiterhin humanitäre Hilfe sowie Unterstützung im Wirtschafts- und Sicherheitsbereich leisten zu wollen. „Wir halten daran fest, die ukrainischen Anstrengungen, ihr Territorium zu verteidigen, so lange wie nötig weiter zu unterstützen.“
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