Die Spannung in der Luft ist förmlich zu spüren, als die beiden Mannschaften das Feld im Emirates-Stadion betreten. Das Nordlondoner Derby zwischen Arsenal und Tottenham verlangt Spielern und Fans alles ab. Am Ende steht eine rote Karte bei Tottenham und ein 3:1 Sieg der Gunners, deren Fans siegestrunken „We Are Top Of The League“ singen.
Genau diesen Anspruch, die Besten zu sein, haben die Entwickler von EA Sports. Geschmückt wurde das Spiel bisher mit dem Titel „FIFA“. Dieses Jahr passiert das allerdings das letzte Mal, da keine Einigung über eine weitere Lizenzierung erzielt werden konnte. EA Sports möchte das letzte „FIFA“ demnach mit einem Knall abtreten lassen. Aber ist es wirklich das beste „FIFA“ aller Zeiten?
Spielgeschwindigkeit nochmals gesunken
Das Nordlondon-Derby darf auch als erste Begegnung in „FIFA 23“ herhalten. Die Stimmung im digitalen Emirates-Stadion ist ähnlich gut wie im echten. Die Gunners beginnen überfallsartig. Bereits mit einem der ersten Angriffe stellt Jesus auf 1:0.
Mit diesem Spielstand geht es in die Halbzeit. Der perfekte Zeitpunkt, um sich kurz Gedanken zu machen, wie sich das Spielgefühl geändert hat. Die Spielgeschwindigkeit scheint nochmals etwas gesunken zu sein. Vom Gefühl her wäre das nicht unbedingt notwendig gewesen, ist allerdings stark von den eigenen Präferenzen abhängig. Mal sehen, welche Erkenntnisse die zweite Hälfte bringt.
Die erste folgt bereits nach knappen 10 Minuten. Tottenham begeht ein dummes Foul auf Höhe der Mittelauflage. Die Konsequenz: Rote Karte! Wie im realen Derby darf Arsenal die restliche Spielzeit in Überzahl bestreiten. Die Folge sind weitere Tore und ein am Ende souveräner 3:0 Sieg der Gunners.
„Hypermotion 2“: Mehr Realismus, mehr Taktik
Freude über das Ergebnis ist aber nicht unbedingt gleichbedeutend mit Zufriedenheit mit der Spielbarkeit von „FIFA 23“. Neben dem Spieltempo fällt Hypermotion 2 mit weiteren Spieleranimationen auf, wodurch sich die Kicker noch flüssiger bewegen. Das Ganze wirkt realistischer, zumal man den Spieler nicht mehr wie einen wildgewordenen Satelliten um den Gegenspieler herumkreisen lassen kann.
Dies bedeutet aber auch, dass das Spiel taktischer verläuft, mit weniger Dribblings. Dazu passt auch das bessere gruppentaktische Verhalten der Mitspieler. Mit den Gegenspielern hat die KI wiederum so ihre Probleme. Dass die Torhüter noch immer manchmal den Fliegenfänger in sich entdecken, gehört inzwischen irgendwie dazu.
Kein purer Simulationscharakter
Diesem Simulationscharakter stehen wiederum „Hard Tackle“ und „Power Shot“ doch etwas entgegen. Wie die Namen vermuten lassen, kann entweder ein besonders hartes Tackling oder Schuss ausgeführt werden. Für den Power Shot sind beide Schultertasten zu drücken. Dann heißt es warten, bis der Schussbalken ganz aufgefüllt ist. Das hat etwas von Arcade Fußball, wenn es in „FIFA 23“ auch nicht ganz so einfach ist, ins Tor zu treffen. Zum einen sind die Gegenspieler nicht untätig und stibitzen die Kugel. Und zum anderen erfolgt das Zielen manuell. Die ersten Bälle landen daher garantiert am Stadiondach.
Lizenzen verloren, Lizenzen gewonnen
Bei den Lizenzen gingen ein paar verloren wie die J-League oder jene für den SSC Neapel. Dafür haben es die italienische Serie B und Juventus Turin ins Spiel geschafft. Auch bei den Frauenteams wurde aufgestockt. Wobei die Umsetzung halbfertig anmutet: Die realen Gesichter der Spielerinnen sind selbst innerhalb der Spitzenmannschaften nicht alle ins Spiel übertragen worden. Der Karriere-Modus ist ebenfalls nicht verfügbar.
Änderungen im „Ultimate Team“-Modus
Wobei dieser bei den Herren selbstverständlich vorhanden ist und mit den spielbaren Highlights eine brauchbare Neuerung bietet. Über die Modi Virtual Pro, Volta und Pro Club reicht es zu wissen, dass sie wieder mit dabei sind und kleinere Verbesserung verpasst bekommen haben. Dann wäre da noch „FIFA Ultimate Team“ - seit jeher ein Kernmodus von „FIFA“ und mit Mikrotransaktionen auch ein Quell des Ärgers. Nur darum soll es dieses Mal nicht gehen oder besser gesagt nur am Rande.
Mit den neu eingeführten Challenges können auch ohne Einsatz von Echtgeld Packs erspielt werden. Das Beachtenswerte ist eine wesentliche Änderung im Chemiesystem. Jetzt kann man argumentieren, dass es nach 10 Jahren Zeit für etwas Neues war. Andererseits hatte sich das System bewährt. Eine augenscheinliche Verbesserung ist fürs Erste nicht auszumachen. Eher im Gegenteil. Es mutet nun wesentlich komplizierter an, ein Team zusammenzustellen, bei dem die Chemie stimmt.
Abschließend sei noch die Crossplay-Funktion erwähnt, mit der plattformübergreifend gegeneinander gespielt werden darf. Alle Spielmodi werden zwar nicht unterstützt, aber für den Anfang ist es trotz allem ein sinnvolles neues Feature.
Fazit: Sicher ist nur, dass es - vorerst - das letzte „FIFA“ sein wird. Der Titel „bestes FIFA aller Zeiten“ wäre sicherlich die Krönung, doch dafür reicht es aus mehreren Gründen nicht. Während das Gameplay durchaus zu gefallen weiß, werden das langsamere Spieltempo oder die Powershots die Fans in zwei Lager teilen. „FIFA 23“ gehört jedenfalls zu den besseren der vielen „FIFA“-Versionen. Bei den Spielmodi wird die massive Änderung bei der Teamchemie im beliebten „FIFA Ultimate Team“ wohl für einen Aufschrei sorgen. Mit Sicherheit sagen lässt sich vorerst nur, dass es komplexer und somit komplizierter geworden ist. Alles in allem ist „FIFA 23“ ein würdiger Abschluss der Reihe - wenn es auch nicht zum großen Glanzlicht reicht.
Plattform: PS5 (getestet), PS4, Xbox Series, Xbox One, PC, Nintendo Switch
Publisher: EA Sports
krone.at-Wertung: 8/10
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