„Nicht allzu viel“

Gas-Deal mit Arabern: Schiffsladung für Winter ‘23

Politik
27.10.2022 16:27

Schon zum zweiten Mal in diesem Jahr ist Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) an der Spitze einer Regierungsdelegation nach Abu Dhabi gereist, um über Gaslieferungen nach Österreich zu verhandeln. Nach einem „langen Tag“ der Verhandlungen einigten sich Nehammer und Co. schließlich mit den Vertretern der Vereinigten Arabischen Emirate auf den Ankauf einer Terawattstunde Flüssiggas für den Winter 2023/24 - das entspricht einer Schiffsladung bzw. der Versorgung von 65.000 Haushalten.

Wenn die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler schon zum zweiten Mal in einen Bedarfsflieger steigt, sollten dieses Mal auch Nägel mit Köpfen gemacht werden. Auch Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) war mit von der Partie. Die beiden betonten unisono, dass sich Österreich bei den Gaslieferungen diversifiziert aufstellen müsse - also mehrgleisig fahren muss. Nehammer meinte im Vorfeld zu Journalisten vor Ort, er wolle jedenfalls „mit Flüssiggas wieder nach Hause zu kommen“.

Schon im März, wenige Tage nach dem Angriff auf die Ukraine, waren Gewessler und Nehammer zu einem ersten Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Nehammer zeigte sich bereits damals optimistisch, Österreich auf deren Kundenliste zu hieven.

Kanzler Nehammer und Ministerin Gewessler waren bereits im März bei den Scheichs. (Bild: APA/picturedesk.com/BKA/Dragan Tatic)
Kanzler Nehammer und Ministerin Gewessler waren bereits im März bei den Scheichs.
v.l.n.r.: Energieministerin Leonore Gewessler, Bundeskanzler Karl Nehammer, die damalige Rohstoffministerin Elisabeth Köstinger und der Chef von ADNOC, Sultan Al Jaber, im März 2022 (Bild: APA/BKA/Dragan Tatic)
v.l.n.r.: Energieministerin Leonore Gewessler, Bundeskanzler Karl Nehammer, die damalige Rohstoffministerin Elisabeth Köstinger und der Chef von ADNOC, Sultan Al Jaber, im März 2022

Vor allem für die Wintersaison 2023/24 sind zusätzliche Lieferungen wichtig. Kritiker stellten sich im Vorfeld dennoch die Frage, ob man sich „von einer Abhängigkeit in die nächste“ begebe. Angesichts der doch relativ kleinen Liefermenge dürften sich diese Sorgen nun zerschlagen haben.

E-Control-Expertin: „Könnte ein Startschuss sein“
Carola Millgramm, Abteilungsleiterin der Sparte Gas bei der E-Control Austria, erklärte auf „Krone“-Anfrage: „Die eine Terawattstunde ist nur ein 20stel der staatlichen strategischen Reserve, also nicht allzu viel. Diese soll damit wahrscheinlich für den kommenden Winter wieder aufgefüllt werden. Aber es könnte ein Startpunkt für weitere Lieferungen aus Abu Dhabi sein.“

Nehammer: „Ein weiterer Meilenstein“
Deutschland bekomme trotz seiner um ein Vielfaches größeren Einwohnerzahl mit Jahresanfang 2023 eine vergleichbare Menge LNG (Liquid Natural Gas), betonte das Kanzleramt. Ministerin Gewessler sagte unter anderem, dass es „kein Sicherheitsnetz zu viel“ geben kann. Kanzler Nehammer sprach in Abu Dhabi schließlich von einer „guten Menge, mit der wir beginnen können, die Versorgungsicherheit für nächstes Jahr vorzubereiten“. „Das heutige hochrangige Treffen in Abu Dhabi ist ein weiterer Meilenstein in der langjährigen strategischen Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten und Österreich“, so Nehammer.

OMV: „Absichtserklärung“
Den konkreten Gas-Liefervertrag abschließen wird die teilstaatliche OMV mit ihrem emiratischen Pendant ADNOC. Laut OMV handle es sich bei der Vereinbarung, die OMV-Chef Alfred Stern heute mit dem ADNOC-Geschäftsführer und Industrieminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Sultan Ahmed Al Jaber, unterzeichnet hat, um eine Absichtserklärung, „um die Energieversorgungssicherheit von Österreich zu unterstützen, wobei wir anstreben, für die Wintersaison 2023/2024 den Kauf eines LNG Cargo zu arrangieren“. Offen bleiben bis dato der Preis und der genaue Lieferzeitpunkt.

An der OMV hält die österreichische Staatsholding ÖBAG 31,5 Prozent der Anteile und der Staatsfonds von Abu Dhabi (Mubadala) 24,9 Prozent.

Abu Dhabi auch als Partner bei Erneuerbaren
Die Zusammenarbeit soll inzwischen auch bei den Erneuerbaren ausgebaut werden - die Vereinigten Arabischen Emirate sind Ausrichter der übernächsten Klimakonferenz. Die Ministerin nahm am Donnerstag an einer Zusammenkunft der Internationalen Organisation für Erneuerbare Energien teil, die ihren Sitz in Abu Dhabi hat. Weiterentwicklungen seien hier für die Bereiche Energiesicherheit, Klimaschutz und Industriekooperation geplant.

Erdgasspeicher „bereits über 100 Prozent gefüllt“
Aufhorchen ließ am Donnerstag übrigens OMV-Chef Stern mit der Aussage, dass die Erdgasspeicher der OMV bereits zu „über 100 Prozent“ gefüllt seien. „Das geht deswegen, weil es Kavitäten im Untergrund sind. Und wenn man dort Gas hineindrückt, dann ist es möglich, dass man etwas mehr Gas hineinbekommt als die nominelle Kapazität ist.“

Auf die OMV entfallen laut Stern etwa 25 Prozent der österreichischen Gasspeicher-Kapazität, „und Österreich hat insgesamt Speicherkapazität, um ungefähr ein Jahr auszukommen“. Schon jetzt sei die OMV in der Lage, ihre Kundenverpflichtungen zur Gänze mit nicht-russischem Gas zu erfüllen.

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