Grabungen in Bregenz

Auf der Suche nach Lepra-Erregern

Internationale Forscher sind derzeit auf dem Areal des Siechenhauses in Bregenz Leprabakterien auf der Spur.

Hinter der Siechenkapelle, direkt neben dem Siechenhaus, liegen große Steinplatten. Diese markieren Gräber, in welchen sehr wahrscheinlich Menschen beerdigt wurden, die an Lepra starben - das legen zumindest diverse historische Aufzeichnungen nahe.

Seit einigen Tagen ist diese letzte Ruhestätte Schauplatz von Ausgrabungen. Im Zuge eines internationalen Forschungsprojekts will die biologische Anthropologin Dr. Dorthe Dangvard Pedersen von der Universität Kopenhagen Gebeine freilegen, diese auf ihren Zustand überprüfen und kleine Knochenproben entnehmen. Diese sollen dann an der Universität Kiel untersucht werden. Ziel ist es, Leprabakterien nachzuweisen und deren genetischen Fingerabdruck zu entschlüsseln.

Doch wozu der ganze Aufwand? Zum einen wäre es medizinhistorisch von großem Interesse, in Erfahrung zu bringen, welche Leprastämme damals in Bregenz grassierten. Vergleiche mit modernen Leprabakterienstämmen haben gezeigt, dass sich die Bakterienstämme seit dem Mittelalter nicht wesentlich verändert haben. Würde nun in Bregenz ein weiterer Leprastamm entdeckt werden, ließen sich daraus wertvolle Schlüsse über die Verbreitung der Seuche ziehen.

Und zum anderen könnten von dieser medizinischen Grundlagenforschung auch heutige Leprakranke profitieren. Denn auch wenn Lepra aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden ist, bleibt die Bedrohung real: Jährlich erkranken weltweit immer noch rund 200.000 Menschen an Lepra, vor allem in Asien und Afrika. Was sich im Vergleich zum Mittelalter nicht verändert hat, ist die Stigmatisierung von Leprakranken - diese werden nach wie vor als „Aussätzige“ behandelt und aus dem gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen.

Übrigens: Sollte tatsächlich Leprabakterien gefunden werden, braucht sich niemand zu Fürchten - denn tote Erreger sind nicht mehr ansteckend.