Nach Drohnenangriffen

Kritik an Moskau wegen gestoppter Getreideexporte

Ausland
30.10.2022 13:36

Russland hat nach den Drohnenangriffen auf der Krim das Abkommen zum Transport von ukrainischem Getreide aus den Häfen im Schwarzen Meer aufgekündigt. EU-Außenbeauftragter Josep Borrell kritisierte diese Entscheidung aufs Schärfste. Die Entscheidung gefährde „die wichtigste Exportroute für dringend benötigtes Getreide und Düngemittel zur Bewältigung der durch den Krieg gegen die Ukraine verursachten weltweiten Nahrungsmittelkrise“. Die EU fordert Moskau dringend dazu auf, die Entscheidung rückgängig zu machen.

Als Grund für die Aussetzung gab Russland Drohnenangriffe auf die Schwarzmeerflotte in der Stadt Sewastopol auf der 2014 von Moskau völkerrechtswidrig annektierten Halbinsel Krim an. Die Ukraine sei dabei von Großbritannien unterstützt worden. Großbritannien wies die Anschuldigungen als falsch zurück.

Die Sicherheit des für die Getreidetransporte eingerichteten Korridors könne nicht mehr gewährleistet werden, hieß es aus Moskau. Diese Darstellung wies die ukrainische Regierung scharf zurück. Russland habe Angriffe auf eigene Einrichtungen erfunden. Der ukrainische Präsidentenberater Andrij Jermak sprach von „fingierten Terrorattacken“.

„Nahrungsmittel sind wieder Waffe“
Auch die USA kritisierten die neue russische Blockade von Getreideexporten aus der Ukraine und fordern eine Wiederaufnahme der Lieferungen. Präsident Joe Biden nannte das russische Vorgehen empörend und betonte, dass es für mehr Hunger auf der Welt sorgen werde. „Russland setzt Nahrungsmittel erneut als Waffe in dem Krieg, den es begonnen hat, ein“, so auch US-Außenminister Antony Blinken.

„Die Reaktion Washingtons auf den Terrorangriff auf den Hafen Sewastopol ist ungeheuerlich“, schrieb dagegen der russische Botschafter in den USA, Anatoli Antonow. Die „rücksichtslosen Aktionen des Regimes in Kiew“ seien bisher nicht verurteilt worden.

Video: Abkommen aufgekündigt - weniger Brot für die Welt?

Russland beantragte Sitzung des UNO-Sicherheitsrates
Russland hatte am Samstagabend UNO-Generalsekretär Antonio Guterres offiziell über die Aussetzung des Abkommens informiert. Wegen der Angriffe setze Moskau das Abkommen „auf unbestimmte Zeit“ aus, so ein russischer Botschafter. Zudem beantragte der Kreml in der Angelegenheit eine Sitzung des UNO-Sicherheitsrates, wie aus Kreisen des mächtigsten Gremiums der Vereinten Nationen verlautete.

Die „Brave Commander“ transportierte im August 23.000 Tonnen Getreide aus der Ukraine nach Äthiopien. (Bild: OLEKSANDR GIMANOV / AFP)
Die „Brave Commander“ transportierte im August 23.000 Tonnen Getreide aus der Ukraine nach Äthiopien.

Es sei „keine gemeinsame Vereinbarung über die Aus- und Einfahrtsbewegungen von Frachtschiffen am 30. Oktober“ erzielt worden, erklärte das internationale Koordinationszentrum für Getreideexporte in Istanbul in der Nacht auf Sonntag. Am Samstag hätten neun Frachter den Korridor im Schwarzen Meer passiert, „mehr als zehn weitere Schiffe“ stünden bereit, um ihn „in beide Richtungen“ zu durchqueren.

Moskau blockiere unter einem Vorwand die Transporte, „die Lebensmittelsicherheit für Millionen Menschen bedeuten“, erklärte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba am Samstagabend auf Twitter.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte eine scharfe Reaktion der UNO und der G20-Staaten. Russland verursache mit diesem Schritt Hungersnöte in Afrika, im Nahen Osten und in Südasien, so Selenskyj in einer Videobotschaft. Die Vereinten Nationen wollten die Hoffnung auf ein Fortbestehen des Deals trotz der Äußerungen aus Moskau zunächst noch nicht aufgegeben.

Fakten

Seitdem Russland und die Ukraine am 22. Juli das Abkommen unterzeichnet haben, wurden mehrere Millionen Tonnen Mais, Weizen, Sonnenblumenprodukte, Gerste, Raps und Soja aus der Ukraine exportiert. Voraussetzung war die Aufhebung der Blockade ukrainischer Häfen und die Schaffung sicherer Korridore durch das Schwarze Meer für die Frachter. Vertreter der UNO hatten sich noch am Mittwoch zuversichtlich gezeigt, dass die ursprünglich auf 120 Tage begrenze Vereinbarung über Mitte November hinaus verlängert werden könne. Die Ukraine ist einer der größten Getreideexporteure weltweit. Viele Entwicklungsländer sind vom Import vergleichsweise preiswerten Getreides abhängig.

Russland hatte seit Wochen mit einem möglichen Stopp des Getreide-Deals gedroht. Selenskyj beklagte bereits in den vergangenen Tagen, dass Russland die Durchfahrt der mit Getreide beladenen Schiffe blockiere.

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