Wir blicken hinter die Schicksale nüchterner Parten. Olga Krenn wurde 104 Jahre alt, bis zuletzt sprach sie von „den Russen“.
Wir selbst durften Olga Krenn an ihrem 100. Geburtstag kennenlernen und waren tief beeindruckt von der geistig regen Frau. Die zwei Kriege überlebt hat, Krebs, Stürze, Corona und die Panik vor den Russen.
Russen wollten Tochter wegnehmen
Bis zu ihrem Lebensende sprach die Grazerin davon, wie die Russen ihre Tochter mitnehmen wollten. Die Soldaten rissen auf der einen Seite des Mäderls, Frau Krenn riss auf der anderen; die schiere Verzweiflung verlieh der Mutter Riesenkräfte, bis die Männer nachgaben. Mit dem Kind sollte sie sich noch oft unter dem Tisch verstecken müssen.
„Bin immer wieder aufgestanden“
„Nie aufgeben“ war immer ihr oberstes Credo. „Ich bin die, die immer hingefallen ist. Aber auch die, die immer wieder aufgestanden ist.“ Und die niemals Ruhe geben konnte, „denn die Hände in den Schoß zu legen, ist der Anfang vom End’“. So pflückte sie bis ins hohe Alter Äpfel, erst als sie mit 74 Jahren vom Baum fiel und sich ordentlich wehtat, hörte sie damit auf.
Schnitt nur selbst ihren Rasen
Dafür schnitt sie noch bis 94 penibel das Gras bei den Rasenkanten, „weil ihr das niemand gut genug gemacht hat“, erinnert sich Enkerl Daniela Schweigler, die im Grazer „Haus der Barmherzigkeit“ tätig ist und das Glück hatte, die Großmutter bis zum Schluss zu begleiten.
Bis, dass der Tod von uns beiden uns scheidet
Heuer ist sie gestorben. „Die Oma hatte drei Infektionen hintereinander: Neurovirus, Covid, Lungenentzündung“, so die Enkeltochter. „Da hat sie gesagt: ,Jetzt mag ich nicht mehr.‘ Sie hat sich hingelegt, nichts mehr gegessen und getrunken. Und nach drei Wochen ist sie eingeschlafen.“
Und ihrem Mann gefolgt. Treu war sie ihm bis zu ihrem Tod. „Wir haben ja geschworen, bis dass der Tod uns scheidet“, hat sie immer gesagt. „Da ist der Tod von beiden gemeint.“
„Erinnerungen schaffen, die bleiben“
Ihre Handarbeiten zeugen heute noch von Olga Krenn, und davon, dass sie nie die Hände in den Schoß gelegt hat. Die Arbeiten, Schwammerlsuchen, die großen Wanderungen, die sie mit ihrem Mann immer im Herbst gemacht hat - von diesen Erinnerungen zehrte sie auch im hohen Alter.
„Man muss sich Erinnerungen schaffen. Solche, die ein Leben lang halten und die glücklich machen“, hat sie damals zu uns gesagt. Olga Krenn bleibt auch in Erinnerung. Denn sie berührte jeden, dem sie begegnete.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.