Der Weltspartag steht heuer unter besonderen Vorzeichen. Während Sparer sich wieder über - wenn auch mickrige - Zinsen freuen dürfen, haben es Kreditnehmer derzeit sehr schwer. Am schlimmsten ist die Lage aber für all jene, die ohnehin nichts auf der hohen Kante liegen haben.
Die vergangenen Jahre wurden die Kinder in Vorarlberg am Weltspartag beim „Kässeleleeren“ lediglich mit Plüschtieren und Malbüchern für ihre Sparmoral belohnt, heuer gibt es auch wieder einmal Zinsen! Die Niedrigzinsphase ist vorbei. Die Europäische Zentralbank hat gerade die dritte kräftige Erhöhung des Leitzinses beschlossen, womit die Rekordinflation gedämpft werden soll. Der Leitzins steigt auf zwei Prozent. Weitere Erhöhungen könnten folgen. Damit gewinnt auch das Geld auf dem Sparbuch wieder an Wert - früher oder später. „Aktuell haben wir ein sehr dynamisches Zinsumfeld“, erklärt Michael Alge, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen Landesbank Vorarlberg (RLB). „Als Regionalbank beobachten wir das Zinsgeschehen sehr genau und nehmen unsere Verantwortung gegenüber unseren Kunden sehr ernst.“
Wie rasch und wie hoch die Sparzinsen steigen werden, lässt Alge offen. Ein Schnellvergleich der Angebote bei Vorarlbergs Bankinstituten für täglich fällige Onlinesparkonten zeigt, dass die jüngsten Zinserhöhungen noch nicht oder nur geringfügig angekommen sind. Die Zinsen krebsen immer noch bei rund 0,1 Prozent herum. Es dürfte also noch ein wenig dauern, bis die Sparer von der EZB-Entscheidung profitieren. Finanzexperten erwarten immerhin einen Zinsanstieg auf 1,5 bis zwei Prozent - je nach Veranlagungsdauer. „Wer jetzt Geld zur Verfügung hat, auf das er nicht zugreifen muss, kann sich das gestiegene Zinsniveau durch Fixzinssparen sichern. Entscheidend dabei ist die Dauer der Bindung.“ Bei 5000 Euro auf der hohen Kante wären das bei zwei Prozent Verzinsung immerhin 100 Euro mehr innerhalb eines Jahres.
Die Teuerung dämpft Sparlust empfindlich
Natürlich sind die Zinserträge nur Peanuts in Relation zur aktuellen Rekordinflation. Die Teuerung sorgt zudem dafür, dass generell weniger Geld zur Seite gelegt wird. Wie eine Erhebung von Erste Bank und Sparkassen ergeben hat, konnten die Menschen in Österreich in den vergangenen zwei Jahren im Schnitt 344 Euro im Monat sparen. Heuer lag der durchschnittliche Sparbetrag bei 301 Euro.
Doch viele haben aufgrund der gestiegenen Kosten für das tägliche Leben erst gar nicht die Möglichkeit, ans Sparen zu denken. Stattdessen wird das Sparschwein geplündert, um die Ausgaben für eigentliche Grundbedürfnisse überhaupt decken zu können. „Derzeit sind manche Kunden tatsächlich aufgrund der höheren Lebenserhaltungskosten gezwungen, auf ihr Erspartes zurückzugreifen. Weiters reduzieren manche Kunden aus Vorsicht ihre Ansparung und wollen erst einmal abwarten, wie sich die Situation entwickelt. Insgesamt betrachtet ist das Sparvermögen der Vorarlberger aber recht konstant“, berichtet Alge.
Derzeit sind manche Kunden tatsächlich aufgrund der höheren Lebenserhaltungskosten gezwungen, auf ihr Erspartes zurückzugreifen.
Michael Alge, RLB-Vorstandsvorsitzender
Schlechte Zeiten für alle Kreditnehmer
Für alle, die jetzt einen Kredit abschließen wollen oder müssen, ist die Zinserhöhung der EZB eine schlechte Nachricht. Denn Kreditzinsen steigen, wie Studien zeigen, schneller als Sparzinsen. „Es könnte durchaus sein, dass der Leitzins Richtung drei Prozent oder darüber wandert. Die Kreditzinsen - bestehend aus Indikator plus Aufschlag - würden dann natürlich folgen. Damit stiege etwa der Zinssatz für einen Wohnbaukredit in Richtung fünf Prozent.“
Vor allem in Vorarlberg, dem Land der vielen Eigentümer, dürfte das viele Haushalte in finanzielle Bedrängnis bringen. Rund 40 Prozent der Wohnkredite sind nämlich variabel verzinst. „Bei Kreditgesprächen haben wir zum Glück bereits in der Vergangenheit sehr genau darauf geachtet, Zinserhöhungen mitzudenken“, sagt Alge. Er empfiehlt den Betroffenen, das Gespräch mit dem Bankberater zu suchen. So gibt es etwa die Möglichkeit, die Raten zu reduzieren und die Laufzeit zu verlängern. Dabei gilt es jedoch auf die Folgekosten zu achten. Denn je länger ein Kredit läuft, desto höher ist der Zinssaldo. Stundungen können wiederum mit hohen Spesen verbunden sein.
Wenn möglich, sollte man sich jetzt noch rasch um eine Fixzinsvereinbarung kümmern. Banken sind jedoch nicht dazu verpflichtet, eine solche auch zu gewähren. Eine andere Möglichkeit, um die Kreditraten zu senken, wäre eine Sondertilgung - sofern man das dafür nötige Geld auf der Seite liegen hat. Glücklich sind also jene, die auf ein finanzielles Polster zurückgreifen können. Einmal mehr zeigt sich: In Krisen trifft es die Schwächsten am stärksten.
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