Simone Rockenschaub hat ein Kind auf Erden und zwei im Himmel. Warum sie das Leben trotzdem liebt, erzählt sie der „Krone“ in einem wunderbar berührenden Gespräch.
Man muss nicht alles schönreden. Wir dürfen es auch mal Sch... finden, wenn uns was Schlimmes passiert.“ Vor drei Jahren hat Simone Rockenschaub (35) ihren Sohn Alexander verloren. „Er war drei, kerngesund – und ist am Morgen einfach nicht mehr aufgewacht. Die ersten zwei Jahre habe ich ehrlich nicht gewusst, ob ich das überlebe“, gesteht die gebürtige Mühlviertlerin, die zuvor auch schon eine Fehlgeburt durchgemacht hatte.
Keine Luft zum Atmen
Der Schmerz habe ihr die Luft zum Atmen genommen, so die 35-Jährige. Auch die Beziehung zu Alexanders Vater ist daran zerbrochen. Heute schafft sie es, andere mit ihrem Lachen und dem grenzenlosen Optimismus anzustecken. „Ich wusste, ich habe nur drei Möglichkeiten: Entweder, ich beende mein Leben. Oder ich vegetiere vor mich hin. Entschieden habe ich mich für die dritte: Ich führe das beste, intensivste Leben, bis ich Alexander wiedersehe. Ich stelle mir dann vor, wie er zu uns herunterschaut und sagt: ,Schaut’s, das da unten - das ist meine Mama!‘ Ich möchte, dass er stolz auf mich sein kann.“
„Das Thema Trauer gehört enttabuisiert!“
Deshalb will Simone mit „Liebe.im.herzen“ Bewusstsein schaffen: Über diesen Instagram-Account teilt sie ihre Erfahrungen und verkauft „Seelenlichter“: „Ich habe meine eigenen Grabkerzen gestaltet, weil mir die aus dem Supermarkt zu unpersönlich waren“, so die Jungunternehmerin, die auch wieder Mama geworden ist. „Ich freue mich auf alles, was kommt, und nehme Alexander im Herzen mit. Laurenz weiß auch, dass er einen Bruder im Himmel hat.“
Ihr Wunsch? „Trauer gehört enttabuisiert. Leute haben die Straßenseite gewechselt, wenn sie mich gesehen haben. Andere tun, als hätte es Alexander nie gegeben. Ich konnte nach seinem Tod ja vier Monate im Krankenstand sein. Vorgesehen wären zwei Tage! Trauer soll endlich Platz in der Gesellschaft bekommen.“ Infos unter: seelenlichter@outlook.com
„Niemand muss stark sein“
Rainer Simader, geboren in Oberösterreich und wohnhaft in Wien, ist Leiter des Bildungswesens bei Hospiz Österreich und Autor von „99 Fragen an den Tod. Leitfaden für ein gutes Lebensende.“
„Krone“: Warum spricht niemand gern über Trauer?
Rainer Simader: Weil wir mit Gefühlen konfrontiert werden, die unangenehm sind: Angst vor dem Sterben. Die Unsicherheit, etwas Falsches zu sagen. Uns fehlt auch die Übung: Es passiert etwa 5-mal im Leben, dass uns der Tod nahekommt.
Und doch trifft er alle.
Daher sollten wir uns dringend damit auseinandersetzen, gerade jetzt, wo es an Ärzten und Pflegern mangelt. Wer sich mit Vergänglichkeit beschäftigt, trifft auch bewusster Entscheidungen.
Bekommen Betroffene zu wenig Unterstützung?
Trauernde gehören zu den einsamsten Menschen, die es gibt. Weil wir das Bild im Kopf haben, dass alles gut werden muss, nehmen Hilfsangebote schnell ab. Man kann immer wieder nachfragen und zuhören. Ein Spruch, den ich gar nicht mag, ist: „Du musst jetzt stark sein.“ Niemand muss das.
Trauern Männer anders?
Sie machen sich oft viel mit sich selber aus, kommen schnell ins Tun. Es gibt verschiedene Strategien - und das ist vollkommen in Ordnung.
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