Foto machte Psychiater

Das Drama um die junge Keks-Erbin Verena Bahlsen

Adabei
03.11.2022 11:19

Auf allen Fotos, die es in den Agenturen von ihr gibt, wirkt Verena Bahlsen wie eine fröhliche und selbstbewusste junge Frau. Doch die Fotos täuschen. In ihrem Inneren hat es lange ganz anders ausgesehen. Die „lustige“ Erbin der Keksfirma Bahlsen litt. Panikattacken im Job als „Chief Mission Officer“ im Familienunternehmen rangen sie nieder. Sie habe in „vielen Meetings geweint“ und hatte Panikattacken, enthüllte sie jetzt.

Am Freitag zog die 29-Jährige die Konsequenzen und gab ihren Rückzug aus der Süßwaren-Firma bekannt, um ein neues Leben zu beginnen.

„Passendes“ Foto machte ihr Psychiater
In einem bemerkenswerten Posting auf der Social-Media-Plattform LinkedIn beschrieb die junge Frau, die nun erst einmal ein paar Wochen am Strand verbringen will, warum sie ihren Job hingeschmissen hat. Dazu stellte sie ein Schwarzweiß-Foto von sich und verriet darüber: „Mein Psychiater hat dieses Foto gemacht. Ich fand das passend.“

„Momente der Angst, der Überforderung oder Unsicherheit“
In ihrem auf Englisch verfassten Posting bedankte sich Bahlsen bei ihren Kollegen für die Zusammenarbeit. Diese Erfahrung hätte ihr Leben verändert. „Jedes Mal, wenn ich jetzt in einem Supermarkt bin, gehe ich zur Keksabteilung. Ich stehe allein in einem Edeka und weiß, wie viel Arbeit in jeder Marke steckt, und bin stolz und glücklich darüber.“

Doch das alles war wohl nicht das richtige für sie. Offen gibt sie zu: „Wisst ihr, es war mir oft peinlich, wenn ihr mich in Momenten der Angst, der Überforderung oder der Unsicherheit gesehen habt. Ich fange jedoch an zu glauben, dass diese beschissenen Momente, die Zeiten, in denen ich nicht mein bestes poliertes Ich war, unserer Beziehung eine Tiefe verliehen haben, die sie sonst nie gehabt hätte. Ich habe mit unserem CEO in einem deutschen Weizenfeld gestanden und eine Panikattacke gehabt. Ich habe in vielen Meetings geweint. Ich war manchmal unfreundlich oder ungeduldig, habe Leute unterbrochen, wenn ich hätte zuhören sollen, oder war kalt und hart, wenn ich hätte weich bleiben sollen.“

Zitat Icon

Ich habe mit unserem CEO in einem deutschen Weizenfeld gestanden und eine Panikattacke gehabt. Ich habe in vielen Meetings geweint.

Verena Bahlsen

Gespannt, wie es weitergeht
Wie es nun weitergehen soll, wisse sie noch nicht. Bahlsen sei ihre Identität gewesen, mit ihrem Erbe verwoben. Indessen sei sie gespannt, wer sie darüber hinaus sei. Sie wolle sich jetzt Zeit nehmen, um ihre Möglichkeiten kennenzulernen. Sie möchte lernen „wie man schreibt“ und sie möchte ein Praktikum an einem Filmset machen. Aber erst, nachdem sie ein paar Wochen surfen war, am Strand gesessen habe und „skandalös unproduktiv“ war.

Der Kekshersteller Bahlsen hatte vergangene Woche mitgeteilt, dass er im Jänner einen neuen Chef bekommt. Geschäftsführer des in Hannover ansässigen Unternehmens soll ab 1. Jänner Alexander Kühnen werden, derzeit Vorsitzender der Geschäftsführung der Carl Kühne KG in Hamburg.  Seit Jänner 2022 hatte ein vierköpfiges Management-Team nach der Trennung von Phil Rumbol das Unternehmen geleitet.

Mit dabei war auch Verena Bahlsen, die der Mitteilung zufolge „ihre aktive Rolle als Chief Mission Officer“ zum Ende des Jahres beenden wird. 

Bekannt für Leibniz-Kekse
Bei dem besonders für seine Leibniz-Kekse bekannten Familienunternehmen hatte es in den vergangenen Jahren mehrfach Umbesetzungen in der Chefetage gegeben. Ziel war unter anderem ein stärkerer Fokus auf Themen wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Werner M. Bahlsen hatte sich bereits 2018 als Vorstandschef zurückgezogen. Mehrfach kam es in der Familie auch zu heftigen Meinungsverschiedenheiten über die Ausrichtung.

Der Gebäckhersteller, der in Europa zu den führenden zählt, hat eigenen Angaben zufolge rund 2.600 Mitarbeitende in mehr als 80 Ländern. Hauptstandort ist seit 1889 Hannover. Der britische Manager Rumbol war der erste Firmenchef, der nicht zu der Unternehmerfamilie gehörte.

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(Bild: kmm)



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