Heller-Fälschung

Experte: „Schaden für Kunstmarkt ist irreversibel“

Österreich
03.11.2022 16:27

Für André Heller war es lediglich ein „kindischer Streich“, als er ein von ihm erstellten Bilderrahmen der Öffentlichkeit als ein Werk des berühmten US-Künstlers Jean-Michel Basquiat ausgegeben und sogar in Galerien zum Verkauf angeboten hatte. Die nun publik gewordene Causa hat in der Kunstszene viel Staub aufgewirbelt. Ein Experte meint, auch wenn der österreichische Multimediakünstler seinen Bilderrahmen wieder zurückgekauft und somit wohl den Schaden wiedergutgemacht hat: „Der Schaden für den Kunstmarkt ist irreversibel.“

Fälschungen seien „ein Riesenproblem für den Kunstmarkt, vergleichbar mit der Korruption in der Politik. Das untergräbt das Vertrauen und verleidet die Freude an der Kunst“, begründet Auktionator Otto Hans Ressler sein Urteil gegenüber der APA. Als Teil des Problems empfindet er den Umstand, „dass die Gerichte völlig unangemessen mit diesen Fällen umgehen, obwohl es oft um hohe Summen geht“. Verfahren in Fälschungsfällen würden regelmäßig eingestellt. Über den Basquiat-Experten Dieter Buchhart, den Heller mit seiner Geschichte überzeugt habe, könne man jedenfalls nicht die Nase rümpfen: „Jeder von uns kann sich irren. Manchmal sind Fälschungen so gut, dass sogar die Künstler selbst darauf hereinfallen.“

(Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)

Derzeit kein Ermittlungsverfahren bei Staatsanwaltschaft
Buchhart, den Heller laut eigenen Angaben auf dessen Expertise prüfen wollte, unterstreicht unterdessen in einem Statement gegenüber der APA: „Im Zuge eines am 1. Juni 2016 mit Herrn André Heller geführten Interviews, gab Herr Heller an, dass der Künstler Jean-Michel Basquiat einen Rahmen mit kleinen Zeichnungsfragmenten Basquiats selbst angefertigt habe. Ich habe den Rahmen weder authentifiziert, noch habe ich jemals behauptet, dies getan zu haben.“

Eine rechtliche Einschätzung zur aktuellen Causa gab der APA der in Linz tätige Rechtsanwalt Oliver Plöckinger, der über „Raubkopie und Kunstfälschung“ habilitiert hat. Habe man ein Werk selbst hergestellt und unter dem Deckmäntelchen, es stamme von einem anderen Künstler, verkauft, so könne der Tatbestand des Betrugs erfüllt sein, so Plöckinger grundsätzlich. Notwendig für Betrug sei eine Täuschung über Tatsachen, etwa die Herkunft - wenn man etwa behaupte, das selbst gemachte Werk sei ein Basquiat. Auf der Gegenseite müsse ein Irrtum vorliegen, etwa einen Basquiat zu kaufen und einen Heller zu erhalten, und ein Vermögensschaden entstehen. Außerdem brauche es einen Bereicherungsvorsatz. „Es kann reichen, dass man den Käufer täuscht“, sagte Plöckinger.

Eine Ausstellung von Jean-Michel Basquiat in der Wiener Albertina (Bild: APA/AFP/Joe Klamar)
Eine Ausstellung von Jean-Michel Basquiat in der Wiener Albertina

Da Heller den Rahmen zurückgekauft habe, könnte allerdings der Strafaufhebungsgrund „tätige Reue“ erfüllt sein. Auch hier gibt es Voraussetzungen: eine vollständige Schadenswiedergutmachung, die freiwillig und rechtzeitig passieren muss - nämlich bevor eine Strafverfolgungsbehörde von dem Ereignis Kenntnis erlangt hat. Dann würde die eingetretene Strafbarkeit aufgehoben werden, es könne zu keiner Bestrafung mehr kommen. In diesem Fall könnte das tatsächlich der Fall sein, denn bei der Staatsanwaltschaft Wien ist derzeit kein Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der Causa anhängig.

Zunächst Zeichnung im Rahmen, später auch diesen verkauft
Der „Falter“ hatte am Mittwoch enthüllt, dass 2017 ein vermeintlich von Basquiat 1987 kreierter Rahmen gemeinsam mit einem „Untitled“ bezeichneten Porträt des Künstlers auf der New Yorker Kunstmesse Tefaf für einen Millionenbetrag angeboten wurde. Während die Echtheit des Gemäldes unbestritten ist, stammte der Rahmen jedoch von Heller - was dieser im Gespräch mit dem Experten Buchhart anders darstellte.

Zunächst wurde dieser Bilderrahmen um rund drei Millionen Euro angeboten. (Bild: APA/AFP/Tolga Akmen, Screenshot Katalog W&K – Wienerroither & Kohlbacher, Krone KREATIV)
Zunächst wurde dieser Bilderrahmen um rund drei Millionen Euro angeboten.

Letztlich sei es darum gegangen, Buchhart zu täuschen, gestand Heller zu. „Buchhart erweckte den Eindruck, als wäre er der beste Basquiat-Kenner auf dem Planeten. Nachdem er mich und alle anderen niedergeredet hatte mit dem, was er über Basquiat weiß, kam der Tag, an dem ich ihn testen wollte“, so Heller im „Falter“: „Retrospektiv betrachtet, ist das Ganze erstens ein kindischer Streich. Zweitens ist es naturgemäß eine Angeberei.“ Ein Käufer in New York fand sich damals nicht. „Ich hätte ihn auch nicht verkauft“, behauptet Heller im „Falter“-Interview. Dennoch wechselte die Basquiat-Heller-Kombo alsbald den Besitzer. So erwarb der Wiener Künstlermanager Amir Shariat für einen Kunden zunächst die Zeichnung, während der Rahmen an Heller zurückging - bis der Kunde 2018 dann doch auch den gefälschten Rahmen kaufte, laut „Falter“ für 800.000 Euro.

In jedem Falle hat Heller den Rahmen mittlerweile zurückgekauft, wie er dem „Kurier“ bestätigte, „weil ich vermeiden wollte, dass mein Ruf durch zur Diskussion gestellte Behauptungen geschädigt wird.“ Im „Falter“ hatte er beschieden: „Ich bin ein vom Glück gesegneter Mensch und bringe mich doch nicht durch einen Fälschungsvorwurf in Gefahr.“

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