Beauty-Eingriffe boomen. Viele junge Frauen wollen so aussehen wie ihr Social Media Foto. Doch das klappt nicht immer. Dann ist die Unzufriedenheit groß.
Gleich vorweg: Plastische Chirurgie umfasst weit mehr als Nasen verkleinern, Brüste vergrößern oder Gesichter liften. „Unser Fach besteht aus vielen Teilbereichen wie Verbrennung-, Hand-, Nerven-, Tumorchirurgie usw. Damit ist es das einzige chirurgische Fach, das Patienten von Kopf bis Fuß und in jedem Lebensalter, vom Neugeborenen bis in das hohe Alter, behandelt“, erklärte Univ.-Prof. Dr. Stephan Spendel, Universitätsklinikum Graz, anlässlich der 60. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie, ÖGPÄRC.
Ein neues Phänomen ist entstanden, die sogenannte ,Snapchat-Dysmorphophobie‘. Über 50% der Plastischen Chirurgen in den USA berichten von Patienten, die aussehen wollen wie ihr gefiltertes Instagram-Ich.
Univ.-Doz. Dr. Greta Nehrer, Fachärztin für Plastische Chirurgie
Stellen „Beauty-Eingriffe“ eben nur einen geringen Teil des Aufgabengebietes dar, stehen sie aber umso mehr im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Das bestätigte Univ.-Doz. Dr. Greta Nehrer aus Wien: „Ein neues Phänomen ist entstanden, die sogenannte ,Snapchat-Dysmorphophobie‘. Über 50% der Plastischen Chirurgen in den USA berichten von Patienten, die aussehen wollen wie ihr gefiltertes Instagram-Ich.“ Auch bei uns weitet sich der Trend bereits aus. In der Altersgruppe der 19- bis 34-Jährigen ist eine besonders hohe Anzahl ästhetischer Anwendungen bemerkbar. Danach folgen Personen zwischen 61 und 64 Jahren, also jene, die in erster Linie Alterserscheinungen beseitigen bzw. abmildern wollen.
Eitelkeit versus körperliche Beschwerden
So hat sich das Schlagwort der „Wunschmedizin“ entwickelt, wie Univ.-Prof. Dr. Christine Radtke, MedUni Wien, bei einem Pressegespräch betonte: „Diese Operationen werden meist durch bloße Wunschvorstellungen oder Eitelkeit motiviert, keineswegs um körperliche Beschwerden zu vermindern.“ Es wird in Zukunft vermehrt darauf ankommen, ausführlicher aufzuklären, falsche oder unrealistische Vorstellungen der Patienten aufzudecken und psychische Störungen anzusprechen, so der Tenor der Fachgesellschaft.
2020 wurden weltweit 10 Millionen chirurgische und 14 Millionen nicht chirurgische (solche ohne Skalpell) Schönheitseingriffe durchgeführt. Die Erhebung umfasst aber nur Patienten Plastischer Chirurgen. In Österreich waren es geschätzte 40.000 Operationen und 70.000 nicht chirurgische. Die Dunkelziffer ist hoch, da auch Ärzte anderer Fachrichtungen ihrer Ausbildung gemäß diese Anwendungen durchführen dürfen. Solche sind aber in der Statistik nicht erfasst. Spitzenreiter sind USA und Brasilien.
Dr. Josef Thurner aus Salzburg vermeldet eine erhöhte Klagebereitschaft bei Patienten. Aber nicht, weil so viele Ärztefehler passieren, sondern aus Unzufriedenheit mit dem kosmetischen Ergebnis des Eingriffs. Das macht 95 % aller Klagefälle aus! „Je weniger dringlich, umso umfassender muss die Aufklärung sein“, appelliert der Gutachter und Facharzt an seine Kollegen noch ausführlicher Nutzen und Risiko abzuwägen sowie, wo es möglich ist, Alternativen zu Operationen anzubieten.
Wie sich die Entwicklung seit Pandemiebeginn verändert hat, berichtete Univ.-Prof. Dr. Lars-Peter Kamolz, Präsident der ÖGPÄRC: „Während die Zahl an Körper formenden Eingriffen während der Covid-Zeit auf nahezu null zurückgegangen ist, hat sich die Anzahl der Notfall- und Akuteingriffe veracht- bzw. verdreifacht. Beispielsweise sind seit 2020 Operationen bei Schwerbrandverletzten, komplexe Handchirurgische Operationen und Rekonstruktive Operationen bei Tumor-Patienten signifikant angestiegen.“ Die Zahlen des Jahres 2020 stammen aus dem Uniklinikum Graz.
Nachdem am Ende der ersten Corona-Welle 2020 die Baumärkte wieder geöffnet hatten, sind die Heimwerkerunfälle mit Handverletzungen, Schnitt- und Brandwunden merklich gestiegen. Neben der Erstversorgung geht es darum, die Funktion des verletzen Areals zu erhalten (Finger!), durch die richtige Nahttechnik die Narbenbildung positiv zu beeinflussen und auch optisch ein gutes Ergebnis zu erzielen. Eine in unserem Land neue Herausforderung stellt die Versorgung von Kriegsverletzungen dar. Es werden Patienten aus der Ukraine durch ärztliche Delegationen vor Ort wie auch Patienten in Österreich behandelt.
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