Armut wächst

„Heizen oder Essen? Das darf nicht die Frage sein“

Tirol
07.11.2022 07:40

40 Prozent mehr Sozialberatung verzeichnete die Tiroler Caritas in den vergangenen Jahren. Die Teuerung ist ein wesentlicher Grund dafür. Direktorin Elisabeth Rathgeb fürchtet eine neue Welle im Winter.

Welche Hilfsorganisation man auch fragt: Überall wird über steigende Zahlen bei den Anfragen berichtet. Auch in der Caritas Tirol, der größten Anlaufstelle des Landes. In der Sozialberatung habe man 40 Prozent Steigerungen seit 2019 registriert, sagt Direktorin Elisabeth Rathgeb.

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Es geht sich bei vielen einfach nicht mehr aus.

Caritas-Direktorin Elisabeth Rathgeb

Sie erwartet eine weitere große Welle im Dezember und Jänner, wenn Betriebs- und Stromkostenabrechnungen ins Haus flattern: „Es geht sich bei vielen einfach nicht mehr aus. Die Teuerung trifft Menschen mit geringem Einkommen doppelt und dreifach. Vor allem Mindestpensionisten, Alleinerzieherinnen, Familien mit vielen Kindern.“

35 Prozent der Haushalte in Österreich armutsgefährdet
Das kann Armutsforscher Andreas Exenberger von der Uni Innsbruck nur bestätigen. Er geht noch einen Schritt weiter. „Die Teuerung trifft zunehmend Menschen aus der Mitte der Gesellschaft“, verweist er auf Daten aus einer Studie des Fiskalrates, wonach mittlerweile 35 Prozent der Haushalte armutsgefährdet sind. Vor der Pandemie waren es 25 Prozent.

Caritas-Direktorin Rathgeb und Armutsforscher Exenberger. (Bild: Karin Bachmann)
Caritas-Direktorin Rathgeb und Armutsforscher Exenberger.

Forderung an Politik: „Treffsicherheit der Förderungen erhöhen“
An die Politik haben Rathgeb und Exenberger eine zentrale Forderung: „Unterstützungen wie Klimabonus und Strompreiszuschuss sind wichtig, aber die Treffsicherheit muss deutlich erhöht werden. Es braucht eine nachhaltige Absicherung armutsgefährdeter Menschen.“ Wenn immer mehr Menschen an den Rand gedrängt würden, drohe die Gesellschaft auseinanderzubrechen, warnt Exenberger vor den Folgen.

Die Caritas hat nun auch einen Online-Wegweiser für Hilfesuchende eingerichtet (www.caritas-wegweiser.at) und stellt die Herbstsammlung ganz in den Dienst der Inlandshilfe.

Spenden möglich unter: Raiffeisen Landesbank Tirol: AT79 3600 0000 0067 0950, Kennwort: Herbstsammlung 2022. Online unter: www.caritas-tirol.at

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