Eine Woche nach der Übernahme durch Milliardär Elon Musk beginnt der Onlinedienst Twitter damit, weltweit Angestellte zu entlassen. Laut US-Medien soll etwa die Hälfte der 7500 Beschäftigten ihren Job verlieren. Weitere Konzerne kündigten an, ihre Werbebudgets bei Twitter einzufrieren - darunter Volkswagen. Der neue Eigner Musk reagiert empört.
Musk machte dafür „Aktivistengruppen“ verantwortlich, die Druck auf Werbetreibende ausübten. Dabei habe sich beim Umgang mit kontroversen Inhalten nichts verändert, und man habe alles unternommen, um diese Aktivisten zufriedenzustellen, schrieb Musk am Freitag auf Twitter. „Sie versuchen, die Redefreiheit in Amerika zu zerstören“, behauptete er, ohne die Gruppen näher zu benennen.
Am Freitag hatte sich der VW-Konzern anderen großen Unternehmen angeschlossen, die ihre Werbung bei Twitter aussetzen. In der vergangenen Woche hatte bereits General Motors seine Werbetätigkeit auf der Plattform gestoppt. Ähnlich Schritte sollen der Pharmakonzern Pfizer sowie die Lebensmittelriesen Mondelez und General Mills unternommen haben.
Auch große Werbekonzerne gehen auf Abstand
Womöglich noch bedrohlicher für Twitters Anzeigengeschäft, das rund 90 Prozent des Umsatzes ausmacht: Auch die großen internationalen Werbekonzerne gehen auf Abstand. So soll der Branchenriese IPG, der milliardenschwere Anzeigenetats für Unternehmen wie Coca-Cola, American Express, Levi Strauss und Spotify verwaltet, Kunden bereits wenige Tage nach Musks Übernahme geraten haben, Werbung auf Twitter zu stoppen.
Ein dauerhafter Rückzug großer Werbekunden wäre ein Problem für Twitter und Musk. Der Dienst schrieb zuletzt rote Zahlen. Auch hatte Musk für die Übernahme Kredite von rund 13 Milliarden Dollar aufgenommen - und deren Bedienung erfordert Medienberichten zufolge mehr Geld, als das Twitter-Geschäft an freien Mitteln dafür abwirft. Schrumpfende Erlöse kämen da besonders ungelegen.
Offener Brief sollte Werbekunden beruhigen
Musk weckte die Sorgen selbst mit andauernder Kritik, Twitter schränke die Redefreiheit zu stark ein. In einem offenen Brief an die Werbekunden versprach er in der vergangenen Woche zwar, dass nicht jeder ohne Konsequenzen alles bei Twitter aussprechen dürfen werde. Dann verbreitete er am Wochenende selbst einen Link zu einer unbegründeten Verschwörungstheorie über den Angriff auf Paul Pelosi, den Mann der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi.
Der angekündigte Stellenabbau begann am Freitag. Über E-Mails erfuhren die Angestellten am Freitag zu Beginn der Schicht in Kalifornien, ob sie im Unternehmen bleiben oder nicht. „Im Bemühen, Twitter auf einen gesunden Pfad zu bringen, werden wir durch den schwierigen Prozess der Personalreduktion gehen“, hieß es in der Info-Mail. Dies werde „zahlreiche Menschen treffen, die einen wertvollen Beitrag für Twitter geleistet haben“, sei aber „leider nötig, um den künftigen Erfolg des Unternehmens zu sichern“.
Twitter-Büros blieben am Freitag geschlossen
Die Angestellten sollten am Freitag gar nicht erst im Büro erscheinen. „Unsere Büros werden vorübergehend geschlossen sein“, der Zugang sei nicht möglich. Wer schon auf dem Weg ins Büro sei, „sollte umkehren und nach Hause zurückkehren.“ Gekündigte Mitarbeiter machten ihren Unmut auf Twitter kund. Das Ausmaß des Stellenabbaus ist noch unklar.
Überraschend kommt die Ankündigung für die Angestellten nicht. Musk hatte Twitter Ende Oktober nach monatelangem Ringen für 44 Milliarden Dollar (rund 44 Milliarden Euro) übernommen und umgehend den Chef des Kurzbotschaftendienstes, Parag Agrawal, sowie weitere Manager entlassen. Laut Medienberichten aus den vergangenen Tagen könnte mit rund 3700 Jobs etwa jeder zweite Arbeitsplatz bei Twitter betroffen sein. Offizielle Angaben dazu gab es nicht - und muss es auch nicht mehr geben, seit Musk am Donnerstag vergangener Woche die Übernahme abschloss.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.