Kurz nachdem am Montag bekannt geworden war, dass der Chefredakteur der „Presse“, Rainer Nowak, seine Funktionen als Chefredakteur und Herausgeber der „Presse“ vorerst ruhend stellt, ein Paukenschlag auch beim ORF: Chefredakteur Matthias Schrom, der wie Nowak durch nun öffentlich gewordene Chats ins Gerede gekommen war, zieht sich ebenfalls zurück.
Wie am Montag aus der gerade stattfindenden Redaktionssitzung im ORF durchsickerte, geht Schrom vorerst auf Urlaub. Die bisherige Stellvertreterin Eva Karabeg übernimmt seine Agenden. Zudem setzt ORF-Generaldirektor Roland Weißmann die ORF-Ethikkommission ein, um einen „noch schärferen“ Wertekodex zu erarbeiten. Denn, so Weißmann, „die Glaubwürdigkeit ist unser höchstes Gut“.
ORF-Chef bezeichnet Optik als „verheerend“
Weißmann bezeichnete die Optik der Chats als „verheerend“ und ersuchte den Ethikrat um Prüfung. Dennoch stehe die Glaubwürdigkeit der ORF-Nachrichten weiterhin außer Zweifel. Denn: „Die ORF-Redakteurinnen und -Redakteure arbeiten weisungsfrei und einzig auf Basis von ORF-Gesetz und Redaktionsstatut. Ihre Berichterstattung war, ist und bleibt unbeeinflussbar, das liegt auch daran, dass die bisherige Amtsführung von Matthias Schrom fachlich unumstritten war.“
„Presse“-Chefredakteur Nowak ziehe sich aus eigener Entscheidung und bis zum Vorliegen der Untersuchungsergebnisse zurück, berichtete die Zeitung auf ihrer Website. Florian Asamer, bisher stellvertretender Chefredakteur, werde bis zum Vorliegen der Ergebnisse die Chefredaktion der Zeitung führen. Die Styria Media Group habe aufgrund der Vorwürfe entschieden, eine interne Prüfung einzuleiten, hieß es.
Vorwurf der wohlwollenden Berichterstattung
Ausschlaggebend für den Schritt war ein Bericht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Aus diesem geht hervor, dass Nowak sich mit Schmid bezüglich einer angestrebten Position in der ORF-Chefetage austauschte. Zudem liegt eine anonyme Anzeige rund um wohlwollende Berichterstattung und Interventionen vor.
So schrieb Schmid, damals Generalsekretär im Finanzministerium, etwa: „Jetzt du noch ORF-Chef“/„Alter - dann geht's aber ab“/„Danke für alles.“ Nowak reagierte mit: „Ehrensache. Jetzt musst du mir bitte beim ORF helfen.“ Schmid: „Unbedingt.“ Darüber hinaus gab Nowak Schmid Wording-Tipps für die Kommunikation mit seiner Redaktion.
Nowak entschuldigte sich bei Lesern
Am Wochenende hatte sich Nowak auch an die Leserinnen und Leser der „Presse“ gewandt und sich „für Tonalität und unangemessene Nähe“ (gemeint zu Schmid), die in Chats zum Ausdruck kommen, entschuldigt. Es habe nie einen Deal gegeben. Er betonte zudem, dass kein Interventionsversuch in der Berichterstattung Niederschlag gefunden habe und die Vorwürfe ihn und nicht die Redaktion beträfen.
Schrom wiederum schrieb nach Bekanntwerden seiner Chats mit dem damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, an die ORF-Mitarbeiter, diese Kommunikation habe „keine glückliche Außenwirkung“. Seine Verteidigung: Um eine Gesprächsbasis zu erhalten, habe er sich als Chefredakteur „der Tonalität und Sprache meines Gesprächspartners angepasst“.
Strache hatte 2019 ein „ZiB 24“-Bericht nicht gefallen. Schrom reagierte darauf mit Zustimmung: „Das ist natürlich unmöglich.“ Zur inhaltlichen Ausrichtung der ORF-Sender schrieb Schrom damals: „Es ist schon bei uns genug zu tun und jeden Tag mühsam, aber langsam wird‘s, und die, die glauben, die SPÖ retten zu müssen, werden weniger.“
ORF-Redaktionsrat erneuert Kritik an Schrom
Der ORF-Redaktionsrat sah den öffentlich-rechtlichen Sender bereits vor wenigen Tagen „in eine mehr als unangenehme Situation“ gebracht und forderte eine „ordentliche Aufarbeitung“. Am Montag erneuerte er die Kritik an Schrom. Dieser habe gegen ORF-Gesetz und Programmrichtlinien „eklatant verstoßen“.
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