„Unrühmliche Jahre“

Neue „Crown“-Staffel kommt für Charles zur Unzeit

Royals
07.11.2022 16:00

Prinz Charles und Prinzessin Diana schauen sich an. „Wollen wir ihnen etwas von dem alten Zauber geben?“ Zustimmendes Nicken, ein Zwinkern, dann dreht sich das Paar über die Reling einer großzügigen Jacht, winkt den Fotografen zu und turtelt für die Kameras der Welt. Doch hinter den Kulissen bröckelt die Harmonie bereits erheblich, wie direkt in der ersten neuen Folge der Netflix-Serie „The Crown“ zu sehen ist.

Die fünfte Staffel, die ab dem 9. November zu sehen ist, spielt in den 1990er-Jahren und widmet sich dem unrühmlichsten Kapitel in der Lebensgeschichte des neuen britischen Königs Charles III.

„Für den König und die Königsgemahlin ist es unglücklich, dass ausgerechnet zum Start seiner Regentschaft ,The Crown‘ zufälligerweise in diesen Jahren angekommen ist und das ,Charles-Diana-Camilla-Thema‘ aufrollt", sagt Royal-Experte Craig Prescott, der an der Universität im walisischen Bangor Verfassungsrecht lehrt, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

Neue Darsteller
Die Serie geht - wie schon zu Beginn der 3. Staffel - erneut mit neuen Schauspielern an den Start, um dem Altern der Protagonisten Rechnung zu tragen. Die 66-jährige Imelda Staunton folgt als Queen Elizabeth II. auf Olivia Colman und Claire Foy und gibt ein überzeugendendes Bild der stets pflichtbewussten Monarchin ab.

Aufregung um Fakt und Fiktion
Der nun von Dominic West (53) verkörperte Charles hält es in der Urlaubsszene nicht lange in der sonnengetränkten maritimen Idylle mit seiner Frau und seinen Kindern aus. Wegen einer angeblichen Terminkollision muss die Familie ihre Zeit an Bord der Jacht vorzeitig abbrechen. Prinzessin Diana (Elizabeth Debicki) wischt sich im Flieger gen Heimat eine Träne vom Gesicht, ihr junger Sohn William schaut sie mitleidig an und reicht ihr die Hand. Ihr Leiden, ihr Ausbruch aus dem goldenen Käfig steht im Zentrum der neuen Staffel.

Doch zurück aus dem Urlaub bestimmt zunächst eine Umfrage der „Sunday Times“ die Debatte: Mehr als die Hälfte der Briten empfinden demnach die Queen Elizabeth als altmodisch und realitätsfern, ihr Sohn Charles schneidet da noch, vor der Diana-Tragödie, deutlich besser ab. Was ihn laut darüber nachdenken lässt, seine Mutter könne abdanken und ihm Platz machen - sogar bei einem Treffen mit dem damaligen konservativen Premierminister John Major.

Was hier Fakt ist und was Fiktion, lässt Netflix offen. Zwar wehrte sich der Streaming-Riese gegen die Forderung, einen entsprechenden Disclaimer an den Beginn seiner Folgen zu setzen, hat jedoch auch nie behauptet, mit „The Crown“ eine Doku-Serie zu erschaffen. Dass die Handlung der Serie eng an die historischen Ereignisse andockt, aber sich ihren künstlerisch-fiktiven Freiraum lässt, macht es für Nicht-Royal-Experten zuweilen schwer zu unterscheiden.

Elizabeth Debicki, Will Powell, Senan West, Dominic West (Bild: ©2021 Netflix, Inc.)
Elizabeth Debicki, Will Powell, Senan West, Dominic West
Dominic West, Elizabeth Debicki (Bild: © 2021 Netflix, Inc.)
Dominic West, Elizabeth Debicki

„Effekt vielleicht überschätzt“
Während den meisten Briten durch die intensive Berichterstattung die royalen Ereignisse der 1990er Jahre ziemlich vertraut sind, dürfte es gerade für jüngere Zielgruppen im Ausland das erste Mal sein, dass sie sich intensiver mit dem dramatischen Jahrzehnt im Hause Windsor auseinandersetzen. „In Großbritannien wird der Effekt vielleicht überschätzt“, meint Prescott. „Im Ausland könnte er größer sein.“

Anders als britische Sender, die sonst für den Großteil der royalen Fernsehformate verantwortlich sind, hat Netflix nach Ansicht von Prescott größere Freiheiten. „Die Sender sind für ihre Berichterstattung auf eine gute Beziehung zum Palast angewiesen. Das kann Netflix egal sein“, meint der Experte. Das Königshaus habe keinerlei Einfluss oder Kontrolle, sondern sei von Netflix abhängig.

Die Drehbuchautoren spielen raffiniert mit Parallelen, aber auch scharfen Kontrasten zur Gegenwart: Charles auf dem Thron? Könnte aktueller kaum sein, ist allerdings, wie wir nun wissen, erst rund 30 Jahre später Realität geworden. Die Queen unbeliebt? Könnte kaum weiter von der Realität entfernt sein, in der sich erst kürzlich Hunderttausende tage- und nächtelang in eine kilometerlange Schlange am Themse-Ufer einreihten, um ihrer Monarchin die letzte Ehre zu erweisen.

Fotos zur 5. Staffel von „The Crown“ zeigen Prinz Charles (Dominic West) und Prinzessin Diana (Elizabeth Debicki) mit ihren Söhnen Harry (Teddy Hawley) und William (Timothee Sambor). (Bild: © 2021 Netflix, Inc.)
Fotos zur 5. Staffel von „The Crown“ zeigen Prinz Charles (Dominic West) und Prinzessin Diana (Elizabeth Debicki) mit ihren Söhnen Harry (Teddy Hawley) und William (Timothee Sambor).
Dominic West als Prinz Charles und Olivia Williams als Camilla (Bild: ©2021, Netflix Inc.)
Dominic West als Prinz Charles und Olivia Williams als Camilla
Elizabeth Debicki als Diana im berühmten „Revenge Dress“ („Rache-Kleid“) (Bild: © 2021 Netflix, Inc.)
Elizabeth Debicki als Diana im berühmten „Revenge Dress“ („Rache-Kleid“)
Imelda Staunton leistet Großes als alternde Queen Elizabeth II., die mit politischen wie familiären Querelen zu kämpfen hat. (Bild: ©2021 Netflix, Inc.)
Imelda Staunton leistet Großes als alternde Queen Elizabeth II., die mit politischen wie familiären Querelen zu kämpfen hat.
Dominic West tritt als ungeduldiger Thronfolger Prince Charles auf. (Bild: © 2021, Netflix Inc.)
Dominic West tritt als ungeduldiger Thronfolger Prince Charles auf.
Khalid Abdalla (l.) spielt Dodi al-Fayed, Salim Daw (r.) dessen Vater Mohamed. (Bild: © 2021 Netflix, Inc.)
Khalid Abdalla (l.) spielt Dodi al-Fayed, Salim Daw (r.) dessen Vater Mohamed.
Olivia Williams, Dominic West (Bild: Netflix)
Olivia Williams, Dominic West

Dass auch bei dem Treffen von Charles und John Major einige Fantasie im Spiel war, wurde schon vor dem Start der neuen Staffel klar. Ex-Premier John Major, der Großbritannien von 1990 bis 1997 regierte, bezeichnete die Serie in der „Times“ als „schädliche und böswillige Fiktion“. Dass er kritisch über die Royals geredet oder mit Charles ein verschwörerisches Treffen gehabt habe, weist er weit von sich.

Ob auch der Palast selbst - gerade unter dem als direkt geltenden - König Charles auch selbst Dinge gerade rücken wird, die per „The Crown“ durch die Welt flimmern, ist abzuwarten. „Wie wir an John Major sehen, gibt es viele andere, die das gerne tun", sagt Royal-Experte Prescott. Womöglich müsse der Palast sich also gar nicht selbst äußern, um auf die ein oder andere fiktive Volte von Drehbuchautor Peter Morgan aufmerksam zu machen.

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(Bild: kmm)



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