Nach vielen Jahren der Diskussion ist endlich eine Systementscheidung gefallen: Die Stadt Graz bekommt einen kurzen S-Bahn-Tunnel. Größeren Visionen steht der Hauptbahnhof im Weg.
770.000 Fahrten werden pro Tag in der steirischen Landeshauptstadt registriert. Dass die Hälfte davon die Stadtgrenze passiert und nur 15 Prozent mit einem Öffentlichen Verkehrsmittel unterwegs sind, zwingt die Regierer zum Handeln.
Nach Jahren des Durchdenkens sind nun die Würfel gefallen: Die Stadt Graz bekommt einen S-Bahn-Ring. Dieser soll vom Ostbahnhof über die Innenstadt bis zum Hauptbahnhof bzw. der GKB-Anschlussstelle führen.
U-Bahn am teuersten
Acht Varianten wurden insgesamt geprüft, wieso man sich letztendlich für genau diese Maßnahme entschied, begründete Vizebürgermeisterin Judith Schwentner so: „Damit auch der Stadtgrenze-überschreitende Verkehr möglichst umweltfreundlich mit dem ÖV bewältigt werden kann, soll künftig das S-Bahn-Netz auch ins Stadtgebiet reichen. Um die Eingriffe und die Umweltbelastung möglichst gering zu halten, wird klar eine kurze Tunnel-Variante bevorzugt“.
Wir haben bis 2040 klimaneutral zu werden, dieses Ziel müssen wir auch bei all unseren baulichen Maßnahmen miteinbeziehen. Bei einer langen Tunnelvariante wäre der CO2-Ausstoß zu groß
Judith Schwentner, grüne Vizebürgermeister von Graz
Die aktuelle Lösung würde die größte Hebelwirkung beim Umstieg vom Auto auf Öffis bewirken, betonte Willi Hüsler, Verkehrsexperte aus der Schweiz, der die Stadt seit Langem bei der Verkehrsplanung begleitet: „Bei der angestellten Kosten-Nutzen-Rechnung kamen wir zu einem klaren Ergebnis: Jeder zusätzlich gewonnene Fahrgast würde bei der ebenso untersuchten U-Bahn-Variante zwei Euro kosten, bei den anderen sieben Modellrechnungen kamen wir auf unter einen Euro“.
Finanzierung noch offen
Ein dementsprechender Grundsatzbeschluss soll in der Gemeinderatssitzung im Dezember erfolgen, zur Klärung der Finanzierungsfrage wurden Gespräche mit Land und Bund aufgenommen.
Der Öffi-Ausbau muss schneller passieren als jener des Straßenverkehrs. Ein teures Wettrüsten ist auf jeden Fall zu vermeiden
Wolfgang Feigl, Leiter der Verkehrsplanung der Stadt Graz
In der engeren Auswahl stand bis zum Schluss bekanntlich auch eine lange S-Bahn-Variante. Diese scheiterte aber vor allem an einer Hürde: „Der Grazer Hauptbahnhof stößt an seine Grenzen. Bei einem langen Tunnel würde man an einem Ausbau des Bahnhofes nicht drum herum kommen, was noch zu weit höheren Kosten und CO2-Emissionen führen würde“, so Hülser.
Opposition lässt kein gutes Haar an Vision
„Die Rede ist von einem Zeithorizont bis nach 2040. Die Linkskoalition verschiebt die große Verkehrslösung also auf den Sankt-Nimmerleinstag“, kritisiert VP-Gemeinderat Georg Topf.
Auch die FPÖ reagiert skeptisch: „Jede Ankündigung ohne Zusagen von Land und Bund sind letztlich nur Makulatur. Diesbezügliche Anfragen zu bereits vorgesehenen Budgetmitteln werden wir auch an Landesrat Lang und Infrastrukturministerin Gewessler einbringen“, so der blaue Gemeinderat Günter Wagner.
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