Jetzt rücken die Chats von Thomas Schmid auch unsere Branche ins Scheinwerferlicht. Zwei Chefredakteure haben gestern ihre Funktionen ruhend gestellt. Es wäre billig, in den Chor der Scheinheiligen einzustimmen, die sich seit Tagen Beifall heischend empören. Rainer Nowak („Die Presse“) und Matthias Schrom (ORF) haben sich für „unangemessene Nähe“ zur Spitzenpolitik entschuldigt und die Konsequenzen gezogen. Dafür gebührt ihnen Anerkennung.
Die Rückzüge der beiden erinnern daran, dass wir Journalistinnen und Journalisten unsere Beziehungen zu Entscheidungsträgern stets aufs Neue überprüfen müssen. Wie viel Nähe ist zulässig, wie viel Distanz müssen wir wahren? Auf diesem schmalen Grat spielt sich die redaktionelle Arbeit in der Innenpolitik ab.
In Wien, das darf ich als Westösterreicherin sagen, wird der Beziehungspflege zwischen Journalisten und Politikern ein besonders hoher Stellenwert beigemessen. Journalisten-Legende Hugo Portisch, der im April letzten Jahres mit 94 starb, hat über diese Beziehungspflege einmal gesagt: „Wenn sie dir schmeicheln und dich hofieren: Vergiss nicht: Sie meinen nie dich, sie wollen das Medium.“
Wer Demut vermissen lässt, ist irgendwann verhabert. Diese urösterreichische Form der Freunderlwirtschaft ist nicht neu, es gab sie auch schon früher. Jede und jeder von uns hat wohl seine blinden Flecken. Und die gehören ans Licht.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.