„Digitaler Stress ist weltweit massiv angestiegen“
Digitale Technologie bringen für die Menschheit, den Fortschritt und die Wirtschaft viele Vorteile mit sich, dennoch können Sie auch krank machen. „In den letzten 15 Jahren, seitdem etwa das Apple-Iphone gelauncht wurde, hat sich gezeigt, dass der digitale Stress weltweit massiv angestiegen ist“, sagt Technostress-Experte und Wirtschaftsinformatiker René Riedl im krone.tv-Talk mit Jana Pasching. Mit den Lockdowns und damit einhergehenden Videokonferenzen am Arbeitsplatz hat sich ein Erschöpfungssyndrom eingestellt, das sogar einen Namen bekommen hat: Es wird oft Videokonferenz-Fatigue oder auch Zoom-Fatigue genannt.
„Hier habe die Forschung eindeutig gezeigt, dass ein inadäquates Verhalten in Bezug auf die Nutzung von Videokonferenzsystemen definitiv mit Erschöpfungssyndromen und Stressreaktionen beim User einhergeht.“ Das liege daran, dass wir Menschen nicht unbegrenzt lange digitale Technologien verwenden können. Das menschliche Gehirn sei im Laufe der Evolution auf Face-to-Face-Kommunikation programmiert worden. Das habe zur Konsequenz, dass jede Form der elektronischen Kommunikation mit einem erhöhten Aufwand fürs menschliche Gehirn einhergeht.
Technostress-Experten und Wirtschaftsinformatiker Rene Riedl
(Bild: krone.tv)
Während der Lockdowns spitzte sich die Nutzung von digitalen Technologien zu. Und obwohl man zu dieser Zeit durchaus froh war, auf digitale Geräte zurückgreifen zu können und Lockdowns nun vorbei sind, zeigt sich, dass der Nutzungsgrad der Technologien nicht vollständig zurückgegangen ist, wie zurzeit vor Corona, so Riedl, der seit fast 15 Jahren in diesem Bereich forscht.
Smartphone als Produktivitätskiller Der Unterbrechungsfaktor, den digitalen Technologien mit sich bringen, sei nicht nur ein weiterer Stress-Faktor, sondern auch ein riesiger Produktivitätskiller. „Untersuchungen zeigen, dass sich Menschen im deutschsprachigen Raum 88-mal am Tag mit dem eigenen Smartphone unterbrechen. Der sogenannte Flow-Zustand, den man bekommt, wenn man sich konzentriert, etwa der Arbeit widmen, geht somit verloren.“ Ein gewisser Sucht-Faktor spiele hier auch mit rein. „Natürlich wollen die Hersteller der Geräte, dass wir Menschen möglichst viel Zeit z. B. mit dem Handy verbringen.“
Eine zu lange Arbeit am Computer kann mit Stresssymptomen einhergehen und den Blutdruck massiv erhöhen. „Fünf bis zehn Minuten Pause ist hier dermaßen wirksam, dass der Blutdruck wieder auf ein Normalniveau zurückgebracht werden kann“, so Riedl. Er rät, sich das eigene Nutzungsverhalten genau zu beobachten und gelegentlich Pausen einzubauen, „um die Physiologie, wie Blutdruck und Stresshormone auf ein normales Niveau herunterzubringen.“
Verzichtstourismus boomt Den Stressfaktor, den digitale Technologien mit sich bringen, hat auch der Tourismus erkannt. Immer mehr Hotels bieten etwa digitalen Detox an. Damit gemeint ist die temporäre Abstinenz der Nutzung von Digital-Technologie. „Menschen, die ganz intensiv am Smartphone hängen, sollten laut Forschungsergebnissen gar keine vollständige Abstinenz anstreben“, rät der Experte, „sondern sukzessiv ihre Nutzungszeit reduzieren.“ Man wisse nämlich, dass solche Menschen, wenn an ihnen das Handy von heute auf morgen wegnimmt, noch mehr Stress empfinden.
Das ganze Video mit René Riedl sehen Sie im Video oben.
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