Nach dem angekündigten Abzug aus Cherson in der Südukraine wollen die russischen Streitkräfte die Rückeroberung der Stadt erschweren. Nach Einschätzung britischer Geheimdienste sollen Truppen Brücken zerstört und auch Minen gelegt haben. Offenbar befürchten die Russen, dass die Ukraine noch weiter vorstoßen könnte. Denn im Norden der Krim werden neue Schützengräben gezogen, wie Satellitenfotos zeigen.
Die Bilder, die der Schweizer Benjamin Pittet, Spezialist für OSINT (Open Source Intelligence, frei zugängliche Informationen), auf Twitter teilte, zeigen, wie in der Nähe des Kontrollpunkts Tschonhar zwischen der Oblast Cherson und der Halbinsel Krim alte Gräben wieder instand gesetzt und neue ausgehoben wurden (siehe unten).
Befestigungsanlagen in Cherson und auf der Krim
Das Gleiche geschieht an anderen Orten im Norden der von Russland seit 2014 annektierten Krim, etwa in Armjansk. Auf den Satellitenaufnahmen von Anfang November sind auch Befestigungsanlagen zu sehen, die im Gebiet Cherson südöstlich des Flusses Dnipro gebaut werden.
Russen legen Minen in Siedlungen
Auf das linke Dnipro-Ufer versucht Russland seine Soldaten nun zurückzuziehen. Es sei zu erwarten, dass der angekündigte Rückzug sich über mehrere Tage hinziehen und von Artilleriefeuer zum Schutz der abziehenden Einheiten begleitet werde, hieß es vom britischen Verteidigungsministerium. Insbesondere bei der Überquerung des Dnipro seien die russischen Einheiten angesichts begrenzter Möglichkeiten verletzlich. Bei ihrem Rückzug legen moskautreue Soldaten Minen entlang von Straßen und auch in Siedlungen, berichtet die „Ukrainska Pravda“ unter Berufung auf die ukrainische Polizeibehörde.
Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hatte am Mittwoch den Rückzug aus der südukrainischen Stadt Cherson und weiteren Teilen des dort besetzten Gebiets angekündigt. Der Verlust der Region hat laut Einschätzung der britischen Geheimdienste weitreichende Auswirkungen: Er wird Russland wahrscheinlich sein strategisches Ziel verwehren, eine Landbrücke bis zur Hafenstadt Odessa aufzubauen.
Vorstoß „ohne unnötiges Risiko“
Ukrainische Angriffe auf die Nachschubrouten der Russen hätten deren Position in Cherson unhaltbar gemacht. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Mittwochabend betont, dass der Rückzug der russischen Besatzer in erster Linie den Erfolgen der ukrainischen Streitkräfte zu verdanken sei. Gleichzeitig rief er zur Zurückhaltung auf. Das Militär werde sich weiter „ohne unnötiges Risiko“ bewegen, erklärte Selenskyj in einer Videoansprache.
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