Ukraine rückt nach
Cherson: Russen abgezogen, einzige Brücke zerstört
Die russische Armee hat Freitagfrüh nach eigenen Angaben ihren Rückzug aus dem Norden der ukrainischen Region Cherson abgeschlossen. Dabei dürften die Soldaten auch eine strategisch wichtige Brücke zum Einsturz gebracht haben. Indessen rückte die ukrainische Armee scheinbar unaufhaltsam nach. In dem Gebiet rund um die südukrainische Stadt seien bereits 41 Ortschaften befreit, teilte Präsident Wolodymyr Selenskyj mit.
Um 5 Uhr Ortszeit (4 Uhr MEZ) sei „der Transfer russischer Soldaten ans linke Ufer des Flusses Dnipro beendet“ gewesen, teilte das russische Verteidigungsministerium in einer online veröffentlichten Erklärung mit. „Kein einziges Teil militärischer Ausrüstung und keine einzige Waffe“ seien auf der anderen Flussseite zurückgelassen worden, hieß es darin.
Wie der ukrainische Gouverneur des Gebietes Mykolajiw, Witalij Kim, berichtete, sei Tschornobajiwka, ein Vorort direkt an der Stadtgrenze von Cherson, bereits unter ukrainischer Kontrolle. Nähere Angaben machte er zunächst nicht. „Wir schweigen weiterhin, denn all dies ist Sache des Militärs.“
Einzige Straßenbrücke eingestürzt
In der Nähe von Cherson ist ein Abschnitt der Antonivka-Brücke, der einzigen Straßenbrücke über den Dnipro zum russisch kontrollierten Ostufer des Flusses, eingestürzt, wie Fotos und Videos zeigen. Weitere Details sind noch offen. Die nächste Flussquerung für Fahrzeuge ist das 70 Kilometer entfernte Wasserkraftwerk Kachowka, das sich noch unter russischer Kontrolle befindet und am Donnerstag ebenfalls beschossen wurde.
Truppen hinterließen Chaos
Bei ihrem Abzug aus Cherson haben russische Truppen nach Medienberichten die südukrainische Stadt verwüstet. Neben dem Fernsehzentrum seien unter anderem Fernheizungsanlagen und Funkmasten gesprengt worden, berichtete die „Ukrajinska Prawda“ am Donnerstag. Zudem sei in der Stadt der Strom komplett ausgefallen, ebenso wie das Internet. Bereits in den vergangenen Tagen waren mehrere Brücken über den Dnipro gesprengt worden.
Selenskyj warnt vor Gefahren
Selenskyj warnte vor Gefahren in den von den Besatzern aufgegebenen Gebieten. „Die erste und grundlegende Aufgabe ist die Minenräumung“, sagte er. Die Besatzer hätten Tausende Blindgänger und Munition zurückgelassen. „Ich habe oft Schätzungen gehört, dass die Räumung der Ukraine von russischen Minen Jahrzehnte dauern wird.“ Noch rund 170.000 Quadratkilometer des Landes seien demnach minenverseucht.
Der Staatschef der Ukraine wies darauf hin, dass die aktuellen Erfolge der ukrainischen Streitkräfte „durch Monate brutalen Kampfes“ erreicht worden seien. „Es ist nicht der Feind, der geht - es sind die Ukrainer, die die Besatzer verjagen“, sagte Selenskyj. „Und wir müssen den ganzen Weg gehen - auf dem Schlachtfeld und in der Diplomatie -, damit überall in unserem Land, entlang unserer gesamten international anerkannten Grenze, unsere Flaggen - ukrainische Flaggen - zu sehen sind. Und keine feindlichen Trikoloren mehr.“
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