Die ersten Spiele sind absolviert, die Jagd nach der heiß begehrten ACSL-Trophy hat begonnen. Im Gespräch mit dem ehemaligen Wide Receiver der Uni Wien Emperors und Football-Experten Jan Zsifkovits konnte sich die „Krone“ ein erstes Bild von den Chancen der hungrigen Teams machen.
„Krone“: Jan, was genau ist deine Aufgabe in der ACSL?
Zsifkovits: Ich bin in der Liga als American-Football-Experte tätig. Ich habe früher auch selbst für die Uni Wien Emperors gespielt und war dort Wide Receiver beziehungsweise Kicker. Nach einer kurzen „ACSL-Pause“ habe ich dann als Football-Experte wieder in der Liga Fuß gefasst. Dazu bin ich durch meine bereits vorhandenen Kontakte zu den ACSL-Geschäftsführern Lawrence Gimeno und Colin Fuchs-Robetin gekommen. Der Kontakt zu den beiden ist glücklicherweise trotz meiner Pause nie abgerissen. Sie gaben mir die Chance, in meine neue Stelle hineinzuwachsen.
Nach der Sommerpause kehrten alle Football Teams wieder voller Elan zurück aufs Feld. Wie haben dir die Spiele bisher gefallen?
Ich habe jedes Spiel, das bis jetzt im Herbstdurchgang stattgefunden hat, gesehen und war ziemlich überrascht. Einerseits von den Leistungen gewisser Teams, andererseits von den Ergebnissen. Man hat gemerkt, dass sich bei einigen Mannschaften über den Sommer hinweg einiges Positives entwickelt hat. Unter anderem bei den TU Robots, die in ihrem Spiel gegen die Emperors den nächsten klaren Entwicklungsschritt setzen konnten. Jedoch auch die BOKU Beez, die sich enorm entwickelt haben, haben in beiden Mannschaftsteilen sehr viel Positives aufs Feld gebracht. Bei den WU Tigers hat man am Anfang noch nicht so genau gewusst, wo sie stehen, nach der doch eher enttäuschenden Vorsaison 21/22. Sie haben sich in ihrem ersten Spiel jedoch ziemlich stark präsentiert.
Goliath bezwungen
Die beiden Teams, bei denen man ein bisschen enttäuscht sein kann, waren einerseits die Uni Wien Emperors, die vor allem bei ihrem ersten Spiel dieser Saison eine herbe Klatsche kassiert haben. Bei ihrem ersten Match hat einiges nicht gestimmt, dieses Ergebnis haben sie dann im zweiten Spiel gegen die Beez zwar etwas ausmerzen können, dennoch ist da noch sehr viel Luft nach oben. Andererseits haben mich Serpents, die im Zusammentreffen mit dem Team der BOKU chancenlos waren, negativ überrascht. Die BOKU Beez haben alle am ersten Spieltag komplett überrascht. Bei dieser Mannschaft hat man den größten Sprung nach vorne bemerkt. Sie haben sich über den Sommer auch noch etwas breiter im Coaching, aber auch auf Spielerebene aufgestellt. Dabei hat man gesehen, dass sie ganz klar ihre Hausaufgaben gemacht haben, im athletischen, sowie im praktischen Bereich.
Gibt es Spieler, die dir (auch im Hinblick auf deinen Background als Footballspieler) besonders aufgefallen sind?
Da muss ich bei den TU Robots anfangen. Dieses Team ist mir vor allem durch einen sehr starken Defensivverband aufgefallen. Ein wichtiger Spieler hierbei war unter anderem Tristan Smodics, ich glaube er steht jetzt bei drei oder vier Interceptions in dieser Saison. Bei ihm hat man klar sehen können, dass er die notwendige Erfahrung hat, die es braucht. Vor seiner Zeit bei den Robots war er Jugendspieler der Vienna Vikings, gar vor dem Sprung ins U20 Nationalteam, ehe dem eine Verletzung den Strich durch die Rechnung machte. Man merkt, dass extrem viel Klasse und Qualität bei ihm und seinem Team vorhanden sind.
Genauso bei den WU Tigers. Hier ist mir besonders Moritz Schmahel aufgefallen, der in der heurigen Saison bei den Vienna Vikings in der European League of Football tätig war. Bei ihm ist ebenfalls extrem viel Potential und Können vorhanden.
Auf der anderen Seite haben die Uni Wien Emperors etliche Star-Spieler in ihren Reihen. Beispielsweise Gianni Schalko, als Quarterback, der mit Max Luger oder Michael Köck zwei extrem schnelle, wendige Receiver hat, die er vor allem im zweiten Spiel gegen die BOKU Beez gut einsetzen konnte. Man hat einfach die Schnelligkeit gesehen und auch das Gefühl, das sie am Feld hatten, als sie sich freigelaufen und regelrecht den offenen Raum gesucht haben. Mithilfe dieser Strategie sind sie dann auch zum Erfolg gelangt.
Über die BOKU Beez spreche ich mittlerweile sehr gerne, weil mir ihre Performance einfach gefallen hat. Vor allem, wie sie im ersten Spiel gegen die Serpents aufgetreten sind. Sie haben das umgesetzt, was sie sich vorgenommen haben. Ein sicheres Spiel abzuliefern, wenige Fehler zu machen, dafür aber umso produktiver zu sein. Das hat man besonders in ihrer Offense gemerkt. Sie haben das genommen, was ihnen die Serpents gegeben haben, und nicht versucht, etwas Besonderes aus dem Hut zu zaubern. Das war schlussendlich ihr Schlüssel zum Erfolg.
Personalmangel
Bei den Serpents weiß ich jetzt nicht genau, ob es Verletzungsprobleme waren, oder sonstige Dinge, die zu der Niederlage geführt haben. Es war einfach im System, in der Offense, aber auch der Defense, unstimmig. Das hat man auch an der Kaderanzahl gesehen. Man muss jedoch dazu sagen, dass die Beez und die Serpents im Vergleich zur Konkurrenz die kleinsten Teams und folglich auch den kleinsten Spielerpool haben. Da ist es dann natürlich schwierig, auf Dauer kompetitiv mit den Großen mitzuhalten.
Wer mich ebenfalls überrascht hat, ist Armin de Buck von den WU Wigers. Er hat sein Debut in der ACSL gegeben und hat in der Defensive, aber auch in den Special Teams richtig gute Plays gezeigt und sogar einen Touchdown gescored. Auch den - mehr oder weniger - Rookie-Quarterback muss ich herausheben. Felix Pillgrab hat einen großen Teil dazu beigetragen, sein Team direkt im ersten Spiel zum Sieg zu führen.
Gab es deiner Meinung nach bei den Spielen (abgesehen von den Spielern, die dich überrascht haben) noch andere Überraschungen, mit denen keiner gerechnet hat?
Definitiv gleich einmal das erste Spiel der Saison, BOKU Beez gegen Serpents, der 27:0-Sieg. Die Stimmung war ein Hammer, weil niemand so richtig mit diesem Ergebnis gerechnet hat. Man hat das auch ein bisschen bei den anderen Fanlagern mitbekommen, wie sie teilweise selbst für die BOKU waren, aufgrund des noch nie dagewesenen Sieges in der ACSL. Es ist zwar erst ihre zweite Saison, aber sie waren im letzten Jahr in gewisser Weise die Schießbude der Liga, haben sich aber bis jetzt wirklich gut weiterentwickelt. Das war schon ziemlich cool, mitanzusehen. Und dann natürlich auch der Sieg der TU Robots gegen die Uni Wien Emperors im Rematch des letzten Summer Bowls aus letztem Juli. Da haben die Robots zumindest eine offene Rechnung begleichen können und die Emperors mit einem 45:7-Sieg regelrecht aus dem Stadion geschossen.
Man hat gemerkt: Die Emperors sind noch nicht ganz auf 100 Prozent. Vermutlich ist da noch so ein Teil des Championship-Hangovers vorhanden. Man hat dann auch ein bisschen herausgehört, dass die Trainingsbeteiligung und die Einstellung der Emperors auch nicht wirklich zufriedenstellend waren. Dafür haben sie dann prompt die Rechnung präsentiert bekommen. Die Robots haben natürlich auf das Spiel gebrannt und sie wollten es unbedingt gewinnen, um sich für die Finalniederlage zu revanchieren - was ihnen schließlich auch erfolgreich gelungen ist.
Marion Eder
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