„Krieg geht weiter“
Raketenangriffe auf befreites Gebiet in Cherson
Angesichts des Rückzugs russischer Truppen aus Cherson hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von einem „historischen Tag“ gesprochen. „Wir erobern Cherson zurück“, sagte er in seiner täglichen Videobotschaft via Telegram am Freitag. Zuvor hatte er geschrieben, die Stadt gehöre wieder „unserem Volk“. Die USA sprachen von einem „außergewöhnlichen Sieg“. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba betonte am Samstag, der Krieg gehe weiter. Die Ukraine muss das zurückeroberte Gebiet bereits gegen neue russische Angriffe verteidigen.
Die ukrainische Armee befinde sich am Stadtrand, erklärte Selenskyj auf Telegram. „Aber Spezialeinheiten sind bereits in der Stadt“, fügte er hinzu. Ihre erste Aufgabe werde es sein, die zahlreichen Minen unschädlich zu machen, die von der russischen Armee hinterlassen worden seien. Der ukrainische Präsident lobte den Mut der Einwohnerinnen und Einwohner Chersons, die seit Mitte März unter russischer Besatzung waren. „Sie haben die Ukraine nie aufgegeben“, sagte Selenskyj.
„Cherson ist die Ukraine“, erklärte auch Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko in einem Onlinedienst. In sozialen Medien wurden auch Bilder von Menschen in Cherson veröffentlicht, die ukrainische Flaggen schwenkten. Der ukrainische Außenminister Kuleba nannte den russischen Rückzug einen „weiteren wichtigen Sieg“ für die Ukraine. Am Samstag betonte er jedoch: „Wir gewinnen Schlachten auf dem Boden. Aber der Krieg geht weiter.“
Die USA sprachen am Samstag nach dem Rückzug der russischen Truppen von einem „außergewöhnlichen Sieg“ für die Ukraine. „Es sieht so aus, als hätten die Ukrainer gerade einen außergewöhnlichen Sieg errungen, bei dem die einzige Regionalhauptstadt, die Russland in diesem Krieg erobert hat, nun wieder unter ukrainischer Flagge steht“, sagte der Nationale Sicherheitsberater, Jake Sullivan.
Andere ukrainische Städte weniger bedroht
Er sagte, der russische Rückzug habe „umfassendere strategische Auswirkungen“. Dazu gehöre, dass sich die längerfristige Bedrohung anderer südukrainischer Städte wie Odessa durch Russland verringere. Dieser große Moment sei der „unglaublichen Hartnäckigkeit und dem Geschick der Ukrainer zu verdanken“. Er verwies auch auf die Unterstützung der USA und anderer Staaten.
Neun Monate nach Beginn des Krieges hatte die russische Armee am Freitagmorgen die strategisch wichtige Stadt Cherson geräumt. Um 5 Uhr 4 Uhr MEZ) sei „der Transfer russischer Soldaten ans linke Ufer des Flusses Dnipro (Dnepr) beendet“ gewesen, erklärte das russische Verteidigungsministerium in Onlinediensten. Demnach wurde „kein einziges Teil militärischer Ausrüstung und Waffen“ auf der anderen Flussseite zurückgelassen. Die russische Armee gab an, mehr als 30.000 Soldaten aus dem Norden der Region Cherson zurückgezogen zu haben.
Für Moskau ist die Region strategisch von großer Bedeutung, um die Offensive in Richtung Mykolajiw und zum Schwarzmeerhafen Odessa fortsetzen zu können. Darüber hinaus beherbergt Cherson den Kachowka-Staudamm, der die von Russland annektierte Halbinsel Krim mit Wasser versorgt.
Moskau beansprucht Gebiet weiterhin für sich
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte erst Ende September die Annexion von Cherson und drei weiteren ukrainischen Regionen verkündet. Am Freitag erklärte der Kreml, Cherson bleibe trotz des Truppenabzugs Teil des russischen Staatsgebiets. Die Region sei „Subjekt der Russischen Föderation“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow unter Verwendung der russischen Bezeichnung für Verwaltungseinheiten.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.