Am sechsten Prozesstag rund um den Todesfall der 13-jährigen Leonie werden weitere Zeugen befragt. Die drei Angeklagten sollen die Jugendliche unter Drogen gesetzt und vergewaltigt haben. Dabei war die Dosis, die ihr die Afghanen verabreicht haben sollen, im Endeffekt tödlich. Die Anklage lautet daher auf Vergewaltigung mit Todesfolge.
Am Montag gilt es zu klären, ob die Vernehmung des Zweitangeklagten bei der Polizei mit rechten Dingen zugegangen ist. Der Afghane sagt vor Gericht nämlich an, dass er durch Beamte körperlich misshandelt und unter Druck gesetzt worden sei. Auch die Dolmetscherin soll ihn nicht richtig verstanden haben.
Übliches Prozedere bei Vernehmung
Das kann diese aber nicht bestätigen: „Am Anfang wird immer gefragt, ob der Beschuldigte den Dolmetscher gut versteht.“ Das bejahte der Zweitangeklagte. Er habe seine Aussage außerdem unterschrieben, nachdem sie ihm wieder rückübersetzt wurde. Auch die Polizeibeamten, die bei der Verhaftung und Vernehmung dabei gewesen sind, können sich an keinerlei Misshandlungen erinnern. „Hat irgendjemand auf ihn Druck ausgeübt?“, fragt die Richterin. „Nein, das war nicht notwendig“, so ein Beamter.
Laut seiner Verantwortung vor Gericht will er einvernehmlichen Geschlechtsverkehr mit der 13-jährigen Leonie gehabt haben. Von den Drogen, die ihr verabreicht wurden und später zu ihrem Tod führten, will er nichts wissen. Bei der Polizei erzählte er noch eine andere Version ...
„Hilfssheriff“ brachte Dinge „durcheinander“
Die Ermittler des Landeskriminalamtes machen auch Angaben zu einem der Zeugen, der am fünften Verhandlungstag ausgesagt hatte. Der 22-Jährige half der Polizei maßgeblich bei der Verhaftung der Angeklagten - und führte sie zu anderen Zeugen. „Für die Mühe und die Hilfe, die geleistet wurde, erhielt der Zeuge Geld“, weiß ein Beamter. Das sei ein normales Prozedere. Für Hinweise, die zur Verhaftung eines Angeklagten in Österreich geführt haben, erhielt der 22-Jährige 500 Euro. Für die Verhaftung des Erstangeklagten, der nach London geflüchtet war, zahlte ihm das Landeskriminalamt (LKA) 1000 Euro.
„Er wollte immer mehr Geld und dürfte dann viele Dinge durcheinandergebracht haben“, sagt ein Beamter, der die Vernehmungen geführt hat, im Zeugenstand. Deswegen soll er der Polizei erzählt haben, es seien noch andere Personen in der Wohnung gewesen. Das sagte der 22-Jährige auch vor Gericht aus. „Er ist dann herumgelaufen und hat Hilfssheriff gespielt“, so der Polizist.
Zeugin: „Verwahrloste Kinder“ in Wohnung
Die Ladung der ebenfalls 22-jährigen Frau, die am Tattag in der Wohnung gewesen soll, ergibt aber etwas anderes. Sie war die Ex-Freundin des Zweitangeklagten, hätte auch über längere Zeit in der Wohnung gewohnt. Deswegen kenne sie auch alle drei Afghanen. „Wenn das wirklich stimmt, will ich damit nichts zu tun haben“, so die junge Mutter. Zwar sei sie an diesem Tag auch am Donaukanal gewesen - dort wo die Angeklagten die 13-jährige Leonie aufgegriffen hätten - kennen würde sie das Mädchen aber nicht.
Zu mir war er immer ein netter Mensch, aber er hatte seine Ausraster.
Zeugin über den Zweitangeklagten
Vom Zweitangeklagten weiß sie: „Zu mir war er immer ein netter Mensch, aber er hatte seine Ausraster.“ Seine Wohnung sei außerdem „schlimmer als ein Puff“ gewesen. Ständig seien „stinkende, schmutzige Leute“ ein und ausgegangen. „Teilweise waren es verwahrloste Kinder.“ Die 22-Jährige vermutet, sie waren dort, um Drogen zu kaufen.
Bis jetzt wurden an den insgesamt sechs Verhandlungstagen bereits Gutachter und andere Zeugen gehört. Sie alle belasten die drei Angeklagten schwer. Laut Sachverständigen hätten alle Drei die 13-Jährige vergewaltigt. Sie wollen aber einvernehmlichen Sex mit dem Mädchen gehabt haben. Die Drogen hätte sie außerdem selbst genommen. Die Todesursache war schließlich eine Überdosis MDA - mit der keiner der Afghanen etwas zu tun haben will. Aus Panik hätten sie die tote Leonie dann auf einem Grünstreifen an einen Baum gelehnt.
Frage um Mord muss beantwortet werden
Nachdem die letzten Zeugen gehört und der Akt verlesen wurde, zieht sich der Senat zur Beratung der Fragen zurück. Es geht um jene Fragen, die die Geschworenen zu beantworten haben. Unter anderem gilt es zu entscheiden, ob es sich um Vergewaltigung mit Todesfolge oder doch um Mord handelt. Vor allem die Opfervertreter der Familie Florian Höllwarth und Johannes Öhlböck haben scharf kritisiert, dass die Staatsanwaltschaft nicht Mord angeklagt hat. Obwohl der Strafrahmen - für den Erstangeklagten bis zu lebenslanger und den zwei unter 21-Jährigen bis zu 20 Jahren Haft - gleich bleiben würde, hätte es einen „symbolischen Wert“.
Diese Entscheidung treffen die Geschworenen am 2. Dezember.
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