Auch China auf Distanz

„Kriegs-Erklärung“ der G20: Moskau immer einsamer

Ukraine-Krieg
15.11.2022 08:24

Beim Gipfel der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer auf Bali stehen die Themen Ukraine-Krieg und Inflation ganz oben auf der Tagesordnung. Sowohl der Präsident des G20-Gastgeberlandes Indonesien, Joko Widodo, als auch Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping riefen am Dienstag zur Einigkeit auf. Im Entwurf der Abschlusserklärung, der schon vor Beginn des Treffens kursierte, ist überraschend scharfe Kritik an Russland enthalten - und auch vom „Krieg“ in der Ukraine ist in der Erklärung die Rede. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, die dennoch ein deutliches Abrücken der letzten Verbündeten von Russland signalisieren dürfte.

Von den meisten G20-Mitgliedern werde der Krieg in der Ukraine „scharf verurteilt“, heißt es in dem Entwurf, den die Nachrichtenagentur AFP einsehen konnte. Der Krieg „verursacht unermessliches menschliches Leid und verschärft die bestehenden Schwachstellen in der Weltwirtschaft“, so der Text, der noch von den Staats- und Regierungschefs bestätigt werden muss. Zudem wird ein „vollständiger und bedingungsloser Rückzug aus dem Hoheitsgebiet der Ukraine“ gefordert. Der Einsatz oder die Androhung des Einsatzes von Atomwaffen wird als „unzulässig“ bezeichnet. Das Dokument enthält außerdem die Forderung, das Abkommen zum Export von Getreide aus der Ukraine zu verlängern. Die Vereinbarung läuft am Samstag aus.

„Abweichende Ansichten“
Die finale Gipfelerklärung soll zum Abschluss des Treffens am Mittwoch veröffentlicht werden. Der Entwurf hält fest, dass es „abweichende Ansichten“ gab und dass der G20-Gipfel kein Forum sei, „um Sicherheitsfragen zu lösen“. Diese könnten jedoch „erhebliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft“ haben. Ob der Erklärungstext in dieser Form beschlossen werden kann, ist laut EU-Diplomaten wegen des russischen Widerstands noch unsicher. Moskau lehnt es bisher ab, die Invasion der Ukraine als Krieg zu bezeichnen, und spricht von einem „militärischen Spezialeinsatz“.

Gastgeber Widodo (re.), China Staatschef Xi (Bild: APA/AFP/POOL/KEVIN LAMARQUE)
Gastgeber Widodo (re.), China Staatschef Xi

Xi: „Was stimmt nicht in der Welt?“
Die Pandemie dauere an, die Weltwirtschaft werde anfälliger, die Krisen von Ernährung und Energie verstärkten sich gegenseitig, sagte Xi. „All das stellt erhebliche Herausforderungen für unsere Entwicklung dar.“ Alle Länder sollten Antwort auf die Frage geben: „Was stimmt nicht in der Welt, was sollen wir dagegen tun?“ Niemand solle „eine Außenhandelspolitik zulasten anderer betreiben, kleine Gärten mit hohen Zäunen bauen oder geschlossene oder exklusive Zirkel schaffen“, wandte er sich auch gegen Blockbildung.

Putin lässt sich vertreten
Wenn der Krieg nicht ende, sei es für die Welt schwierig, voranzukommen, sagte Widodo, ohne direkt Russlands Einmarsch in der Ukraine zu benennen. „Die G20 müssen der Katalysator für einen umfassenden Aufschwung sein.“ Indonesien hatte sich zuvor trotz Drängen mehrerer Staaten geweigert, Russlands Präsident Wladimir Putin auszuladen, und lehnte es ab, das Vorgehen Russlands zu verurteilen. Putin lässt sich beim Gipfel von Außenminister Sergej Lawrow vertreten. Dieser wies am Montag einen Bericht zurück, wonach er auf Bali mit einem Herzleiden ins Krankenhaus gebracht worden sei.

China rückte übers Wochenende deutlich von Russland ab
Die Entwicklungen der vergangenen Tage deuten darauf hin, dass Moskau beim Thema Ukraine in der G20 nicht mehr auf die volle Unterstützung des mächtigen Partners China zählen kann. Noch am Freitag hatten Diplomaten berichtet, dass China in den Vorgesprächen zum Gipfel felsenfest an der Seite Russlands stehe und eine Einigung auf eine gemeinsame Erklärung damit erschwere. Sollte das stimmen, scheint die Unterstützung durch China in diesem Punkt nachzulassen.

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