Offiziell hat die russische Regierung mit Ende Oktober die Teilmobilmachung für die Invasion in der Ukraine beendet, von Präsident Wladimir Putin wurde aber kein entsprechendes Dekret unterzeichnet. Noch immer erhalten Russen Einberufungsbefehle, während die Moral der Truppen sinkt und sich Beschwerden häufen. Kriegsgegner verlangen, dass die Mobilisierung rückgängig gemacht wird - Ihr Protest findet online regen Zulauf.
Mehrere oppositionelle Gruppen starteten eine Petition, die ein offizielles Ende der Mobilmachung fordert und die inzwischen mehr als 38.000 Menschen unterschrieben haben. Noch immer laufen russische Männer Gefahr, in die Armee eintreten zu müssen. Denn ohne einen unterschriebenen Erlass gibt es laut Menschenrechtsaktivisten keine Garantie, dass die Einberufung aufhört. Sie vermuten, dass der Kreml weit mehr als die offiziell verkündeten 300.000 Soldaten mobilisieren will. Hunderttausende sind aus Angst davor aus Russland geflohen.
Soldatenmütter gegen Krieg
Der Protest gegen die Mobilmachung und gegen den russischen Angriffskrieg generell verlagert sich zunehmend ins Internet, erklären Experten der US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW). Eine starke Stimme sind dabei die Mütter von russischen Soldaten, etwa die NGO „Soldatenmütter von St. Petersburg“, die schon vor Kriegsbeginn im Februar gegen einen Einmarsch eintraten. Jetzt haben auch rund 1500 Mütter von Kindern mit Behinderung und aus kinderreichen Familien Putin gebeten, ihre Ehemänner nicht in den Krieg zu schicken. In einem offenen Brief appellieren sie an den Machthaber als den „Beschützer der Familienwerte“.
Während die russische Polizei gewaltsam gegen Demonstrationen auf der Straße vorging, konnte der Kreml Online-Dienste wie Telegram bisher nicht regulieren. Über solche Plattformen werden, auch von russischen Soldaten selbst, Unzufriedenheit offen ausgedrückt und Politiker zum Handeln aufgefordert (siehe unten).
Groll von Militärbloggern
Wichtige Unterstützung kommt dabei laut den ISW-Experten von russischen Militärbloggern. Diese Szene ist schon länger kritisch gegenüber dem Verteidigungsministerium eingestellt - Besonders seit dem Start der Teilmobilisierung, deren chaotischer Verlauf kritisiert wurde.
Der Groll, den die Militärblogger wegen der zahlreichen Rückschläge in der Ukraine gegen den Kreml hegen, tritt jetzt immer deutlicher zutage. Regelmäßig werden Missstände in der Armee angeprangert. So gibt es etwa Beschwerden über die schlechte Ausrüstung. In einem Fall soll mit beschusshemmenden Westen aus russischer Herstellung trainiert worden sein, die dann kurz vor dem Einsatzbeginn gegen billige chinesische Fabrikate ausgetauscht wurden (siehe unten).
Dem ISW zufolge ein neues Phänomen ist dabei, dass die Militärblogger-Community nicht nur auf die Opposition Einfluss ausübt, sondern zunehmend auch auf Fraktionen, die für den Krieg eintreten.
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